Fußweg bekommt Namen vom Kommunisten und NS-Opfer Anton Engermann

Verbindungsweg zwischen Kreuzbergstraße und Neubaugebiet An der Ziegelei

Noch namenlos und derzeit nicht begehbar: Der Fußweg, der die Kreuzbergstraße und die Straße An der Ziegelei im Neubaugebiet an der Toni-Ohms-Straße verbindet. Laut Ratsbeschluss soll er nach Anton Engermann benannt werden. Bild: S. Neumann

 

Durchaus nicht einstimmig hat der Stadtrat am vergangenen Dienstag die Benennung eines Weges in Frechen nach dem Kommunisten und NS-Opfer Anton Engermann beschlossen. 25 Stadtverordnete aus allen Fraktionen stimmten dafür, dagegen stimmten 9 Ratsmitglieder – hauptsächlich aus den Reihen der CDU -, 10 enthielten sich. Die Linksfraktion im Stadtrat hatte beantragt, den noch namenlosen Verbindungsweges zwischen der Kreuzbergstraße und der Straße „An der Ziegelei“ im Neubauviertel an der Toni-Ohms-Straße „Anton-Engermann-Weg“ zu nennen – stellvertretend für alle Kommunisten, die in Frechen von den Nationalsozialisten verfolgt und gequält wurden. „Gerade in heutiger Zeit ist es notwendig, an das dunkelste Kapitel in der Geschichte Deutschlands zu erinnern“, begründete der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Peter Singer den Antrag seiner Fraktion. „In Zeiten von wiedererstarkten rechten Bewegungen und auch rechten Pöbeleien in Frechen, der dankenswerter Weise Politik und Bevölkerung entschlossen entgegengetreten sind, möchten DIE LINKE mit der Erinnerung an den Antifaschisten Anton Engermann (…) ein Zeichen setzen.“

Diskutiert und beraten werden Ehrungen wie diese im Ältestenrat, bevor sie vom Stadtrat entschieden werden. In einer Stellungnahme für den Ältestenrat hatte Dr. Jochen Menge eine Straßenbenennung nach Anton Engermann befürwortet. Der Frechener hat sich mit der Geschichte der Kommunisten in Frechen befasst und das Schicksal von Engermann auf einer Veranstaltung der VHS-Frechen bekannt gemacht.

Gefoltert im Frechener Rathaus

Demzufolge war der Arbeiter aus Frechen als langjähriges Mitglied der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) im Juli 1933 von der SA verhaftet worden. Hintergrund sei ein Angriff von Kommunisten auf das so genannte „Braune Haus“, die NSDAP-Zentrale in der Hüchelner Straße 71 gewesen – und zwar am 30. Januar 1933, also dem Tag, als Hitler Reichkanzler wurde. Nach seiner Verhaftung wurde Engermann zusammen mit anderen Kommunisten von der SA im Frechener Rathaus nachweislich brutal verhört und gefoltert und anschließend in Schutzhaft genommen. 1934 wurde er wegen Vorbereitung zum Hochverrat zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, die er in Rheinbach absaß. Nach der Entlassung brachte man ihn gleich in das KZ Sachsenhausen.

Es war 1944, als er dort eine Botschaft schrieb und sie in einer Flasche einmauerte: „Nach der Heimat möcht ich wieder. Seit dem 9. März 1937 im K. Z. S(achsenhausen). Jetzt ist April 1944. Wann sehe ich meine Lieben in Frechen-Köln mal wieder? Mein Geist ist trotzdem ungebrochen. Bald muß es besser werden.“ Fast 60 Jahre später fanden Bauarbeiter die Botschaft bei Abbrucharbeiten.

11 Jahre in Haft

„Kein anderer Frechener Kommunist war so lange inhaftiert“, stellt Jochen Menge fest. Eine Ehrung für einen der kommunistischen Widerstandskämpfer stehe der Stadt Frechen gut an. Er verweist darauf, dass eine bereits installierte Gedenktafel am Rathaus zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus auf die Christen (unter anderem) hinweise, nicht jedoch auf die Kommunisten, die doch in Frechen nach den Juden am meisten verfolgt worden seien. „Engermann steht für mich stellvertretend für alle Mitglieder der KPD, deren Rolle im Kampf gegen das nationalsozialistische Unrecht man jahrzehntelang weitgehend ignoriert hat.“

Offene Fragen

Der SPD-Stadtverordnete Prof. Wilhelm Schröder meldete während der Ratssitzung jedoch Bedenken gegen die Ehrung Engermanns mit einem Straßennamen an. Er verwies auf die eigenen, umfangreichen Erfahrungen mit den Recherchen der Lebensläufe von NS-Opfern und stellte fest: „Man muss genau wissen, wie es gewesen ist.“ Bei Engermann sei das nicht der Fall. Nach diversen Gesprächen mit dem Vorsitzenden des Frechener Geschichtsvereins, Dr. Franz-Joseph Kiegelmann, sei er der Meinung, dass es in der Geschichte von Engermann „erhebliche Lücken“ gebe. Die sollten erst aufgefüllt werden, bevor man dem Kommunisten in der geplanten Weise als Opfer des NS-Regimes gedenke.

Gegenüber Frechenschau.de bestätigt Franz-Joseph Kiegelmann das. „Man hätte sich viel mehr Zeit nehmen müssen, die offenen Fragen zu klären“, ist der Historiker überzeugt. Im Jahr 2008 hat er unter dem Titel „Tatort Steinzeugofen“ eine Studie über die Frechener Kommunisten veröffentlicht, in der er „Widerstand, Verfolgung und Justizwege“ anhand von Dokumenten und Analysen nachvollzogen hat. Anton Engermann sei an dem Überfall auf das Braune Haus nach eigenen Aussagen nicht beteiligt gewesen, benennt Franz-Joseph Kiegelmann eine Unklarheit in der Geschichte. Welchen Status Engermann als KZ-Häftling hatte, sei bis heute auch nicht klar, immerhin habe er als Maurer auch außerhalb des KZs gearbeitet. „Das muss ein bevorzugter Status gewesen sein“, vermutet Franz-Joseph Kiegelmann. Schließlich sei ihm nicht bekannt, dass Engermann, der nach seiner Rückkehr aus dem KZ ein ganz normales Leben geführt habe, jemals Anspruch auf Entschädigung angemeldet habe. Solche Fragen hätten nach Meinung des Historikers sorgfältig beantwortet werden müssen, wollte man Anton Engermann als Opfer des NS-Regimes gerecht werden.

Schon Straßennamen zurückgenommen

Jochen Menge sieht das anders: „Man darf eine Ehrung nicht davon abhängig machen, dass die Geehrten in jeder Hinsicht unseren heutigen Vorstellungen entsprechen“, schreibt er in seiner Stellungnahme. „In anderen Fällen hat man Schwächen und Fehler durchaus akzeptiert und auch Straßen nach Männern benannt, die Mitglied der NSDAP waren. Aber wenn man bei ihnen über Dinge hinwegsieht, sollte man nicht bei anderen überflüssige Bedenken haben.“

Franz-Joseph Kiegelmann bleibt bei seiner Einschätzung. „Man hat in Frechen schon öfter Straßennamen zurücknehmen müssen“, erinnert er an die „Carl-Diem-Allee“, die heute „Allee zum Sportpark“ heißt, oder an die Umbenennung der „Gustav-Lesemann-Schule“ in „Anne-Frank-Schule“. Als Stellvertreter für die verfolgten Kommunisten in Frechen hätte er das KPD-Mitglied Heinrich Bühr vorgeschlagen. „Der ist als einziger zu Tode geprügelt worden.“

1 Kommentar

  • michael engermann

    herr kiegelmann hat wohl nicht richtig recherchiert.mein vater hat nach seiner rückkehr ein ganz normales leben geführt. verheiratet 2 kinder und bis zur rente immer gearbeitet.herr kriegelmann sollte sich schämen michael engermann

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