Einnahmeausfälle – Corona-Virus leert die städtischen Kassen

Steffen Sabiwalsky-Bauer kam auf rund eine Million Euro. Soviel, überschlug der Fachdienstleiter für Finanzen der Stadt Frechen vergangene Woche Dienstag im Haupt-, Personal- und Finanzausschuss, habe die Stadt Frechen die Corona-Krise bisher schon gekostet – nach rund einer Woche Shutdown. 30 Anträge von Unternehmen auf Absenkung oder Stundung der Gewerbesteuer-Vorauszahlung hätten ihm bis zum Vormittag des gleichen Tages vorgelegen, und dabei handele es sich nur um solche von kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU). „Die Großen haben sich noch gar nicht gemeldet“, informierte er die Ausschussmitglieder. Aufgrund der bereits eingegangenen und korrekt gestellten Anträge beliefe sich der Ausfall von Gewerbesteuer-Einnahmen für die Stadt bis dato bereits auf rund 550.000 Euro, dazu rechnen müsse er noch 80.000 Euro Ausfall aufgrund von Anträgen, die noch auf ihre Formalitäten geprüft werden müssten. Auf 350.000 Euro summiere sich bereits der Ausfall von Vergnügungssteuer-Einnahmen. Zusammen mit den Mehrausgaben wegen der Corona-Krise und sonstigen Einnahmeausfällen komme er auf besagte Million Euro.

„In der Tendenz sind die Einnahmeausfälle weiter gestiegen“, bestätigt Stadtsprecher Thorsten Friedmann die finanziellen Auswirkungen eine Woche später. Dabei verweist er insbesondere auf Ausfälle bei Gewerbesteuer- und Vergnügungssteuer-Einnahmen aber auch bei den Gemeindeanteilen an der Einkommensteuer und Umsatzsteuer (Gemeinschaftssteuern, A.d.R.). Viele weitere städtische Einnahmen, zum Beispiel aus der Vermietung von Veranstaltungsräumen (wie dem Stadtsaal, A.d.R.), fielen derzeit ebenfalls aus. Aktuell, so der Stadtsprecher am Mittwoch dieser Woche, gehe die Verwaltung von Ausfällen in einem siebenstelligen Bereich aus. „Es ist davon auszugehen, dass wir auch in den kommenden Jahren noch deutliche Belastungen spüren werden.“

Corona Hilfe für die Wirtschaft aus NRW

„Corona-Hilfen für die Wirschaft“ – hier als Sammlung von Antragsvorlagen auf einer Webseite der NRW-Finanzverwaltung – gibt es vor allem in Form von Steuererleichterungen. Doch damit werden Städte und Gemeinden in erheblichem Umfang belastet.
Screenshot: https://www.finanzverwaltung.nrw.de/de/steuererleichterungen-aufgrund-der-auswirkungen-des-coronavirus

Schutzschirm für Städte und Gemeinden gefordert

„Bund und Land müssen jetzt auch für die Kommunen einen Schutzschirm aufspannen“ forderte angesichts der außergewöhnlichen finanziellen Belastung der Kommunen der Präsident des Städte- und Gemeindebundes NRW, Roland Schäfer. „Alles andere setzt die Funktionsfähigkeit der Städte und Gemeinden aufs Spiel.“

Schon vor der Krise hätten die Kommunen mit struktureller Unterfinanzierung zu kämpfen gehabt und sich in den vergangenen Jahren oftmals nur dank der guten Wirtschaftslage über Wasser halten können. Aber die Wirtschaft stehe nun vor dem Absturz in die Rezession. „Das wird auch die Haushalte der Städte und Gemeinden erschüttern“, warnt Roland Schäfer. „Die Gewerbesteuer wird abstürzen. Aber auch die kommunalen Anteile an den Gemeinschaftssteuern, Gebühren und Entgelte werden wegbrechen. Zeitgleich laufen die Kosten weiter, etwa für Miete und Personal.“

Er prophezeit Haushaltssperren oder dass Kommunen in die Haushaltssicherung gehen müssten. Zahlreiche Leistungen der Städte und Gemeinden stünden dann auf der Kippe, angefangen beim Schwimmbad bis zu sozialen Hilfen oder eben auch Förderprogrammen für die Wirtschaft.

Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag der Zeitschrift KOMMUNAL vermisst jeder zweite Bürgermeister in Deutschland angesichts der Corona-Epideme eine ausreichende finanzielle Unterstützung von Bund und Ländern. „Die Städte und Gemeinden wurden bei den Rettungsschirmen und Maßnahmenpaketen, die nun aufgespannt werden, vergessen“, fasst KOMMUNAL-Chefredakteur Christian Erhardt die Stimmung unter den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern zusammen.

„Für Städte und Gemeinden ist jetzt entscheidend, dass die durch Corona verursachten Ausfälle und Zusatzkosten schnell und unbürokratisch durch Finanzhilfen aufgefangen werden“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds NRW, Bernd Jürgen Schneider, der „Rheinischen Post“. „Die städtischen Kassen leeren sich gerade rapide, und zwar tagtäglich“, bestätigt Philipp Stempel, Pressesprecher des Städte-und Gemeindebundes. Damit die Kommnunen in der nächsten Zeit liquide blieben, müssten dringend ihre haushaltsrechtliche Flexibilität erhöht und die Kreditaufnahme erleichtert werden.“

Kommunalschutzpaket der NRW-Landesregierung

Die Stadt Frechen habe gerade einen Kredit im zweistelligen Millionenbereich aufgenommen, um in den kommenden Tagen über liquide Mittel zu verfügen, informiert Thorsten Friedmann. Und erklärt: „Auch wir in Frechen setzen aktuell auf die Gespräche des Städte- und Gemeindebundes mit den Regierungen, um in dieser schwierigen Zeit eben auch einen Rettungsschirm für die Kommunen zu spannen.“

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat in dieser Woche ein Kommunalschutzpaket angekündigt. Nach Informationen von dpa ist unter anderem vorgesehen, dass die Kommunen finanzielle Mittel aus dem Rettungsschirm des Landes über 25-Milliarden Euro erhalten sollen.  Auch sollen die strengen Regeln bei der kommunalen Haushaltsführung gelockert werden, um den Kommunen krisenbedingte Mehrausgaben zu ermöglichen. Der Städte- und Gemeindebund hat dieses Signal aus der Landesregierung „im Grundsatz begrüßt“, wie der Pressesprecher erklärt. NRW-Ministerpräsident Armin Laschet hat für die kommende Woche zu einem Kommunalgipfel eingeladen, an dem auch der Städte- und Gemeindebund teilnehmen wird.

1 Kommentar

  • Sehr gut recherchiert, was die Sitzung HPFA angeht, war es wie beschrieben. Ich möchte hinzufügen, dass alle Räte, Mitglieder, incl. unserer Frau BM im HPFA bei und nach der Erklärung zu den Einnahmeausfällen der Stadt „nichts dazu sagten“, ja sogar förmlich in betretenes Schweigen verfielen und niemand von den Fraktionen irgendeinen Vorschlag machte, oder eine Aktion u. Gegenmassnahme einforderte. Ich hatte ein wenig den Eindruck der völligen Hilflosigkeit. (Wenn mir das passiert wäre, hätte ich gleich am nächsten Tag beim Obersten Kreiskämmerer auf der Matte gestanden um die Kreisumlagen sofort abzusenken, Gründe sind ja genug auf dem Tisch). Das Problem in Frechen ist aber, dass man sich auf die landes- u. kommunalpolitischen Rettungsschirme verlässt, der Gemeindebund mag zwar hilfreich sein bei der Lockerung der Ausgabenkontrolle usw. , aber.. nichts proaktiv als Stadt zu unternehmen um gegenzusteuern ist wohl der bequemste Weg.

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