Frechener Keramikpreis – Schon die Teilnahme ist eine Auszeichnung

Frechener Keramikpreis 2015 - Isabell Kamp

„Construction of Stuck Moments III“ (im Vordergrund) von Isabell Kamp, Preisträgerin 2015
Foto: S. Neumann / frechenschau.de

 

„Aus Verbundenheit zum traditionellen Töpferhandwerk und zur Förderung der keramischen Kunst wird für junge Keramiker bis zum vollendeten 30. Lebensjahr für herausragende keramische Arbeiten ein Preis ausgesetzt.

(…)

 

Der Preis soll dazu dienen, junge Künstler anzuregen, sich mit der keramischen Kunst auseinanderzusetzen und sie weiter auszugestalten.“

Aus der Präambel zum ersten Frechener Keramikpreis 1972

 

Die Vergabe des Frechener Keramikpreises zur Förderung des keramischen Nachwuchses feiert in 2022 ihr 50-jähriges Bestehen. Unter dem Titel „Entdeckungen, Entwicklungen, Ergebnisse – 50 Jahre Frechener Keramikpreiszeigt das Frechener Keramikmuseum Keramion ab dem 27. März 2022 bis zum 26. Februar 2023 ausgewählte Keramikarbeiten aus den Wettbewerben – chronologisch nach Wettbewerbsjahren sortiert. Dabei geben die im Untergeschoss des Museums ausgestellten Arbeiten auch einen hervorragenden Eindruck von der Entwicklung der keramischen Kunst im Allgemeinen. Da es sich beim Frechener Keramikpreis um einen Nachwuchsförderpreis mit Altersbeschränkung handelt, spiegeln die präsentierten Arbeiten die jeweils aktuellen künstlerischen Tendenzen und weisen so über die eigentliche Ausstellung hinaus. Der Rückblick auf „50 Jahre Frechener Keramikpreis“ dokumentiert die innovativsten Ansätze in der Keramik und ihre Bewertung.

50 Jahre Frechener Keramikpreis - Uwe Lerch, 1972

Mit seinen Vasen und ihrer spiegelglatten Glasur überzeugte Uwe Lerch die Jury des Frechener Keramikpreises 1972.
Foto: S. Neumann / frechenschau.de

Die Gründung zu Beginn der 1970er Jahre fiel in eine Zeit des aufblühenden gesellschaftlichen Interesses an Keramik. Nicht nur neue Fachmagazine waren Ausdruck der aufkeimenden Begeisterung, auch Töpfermärkte entstanden und Wettbewerbe wurden ausgelobt – wie eben der Frechener Keramikpreis, der am 3. September 1971 als Förderpreis für Nachwuchskeramikerinnen* von der Frechener Kulturstiftung als Bekenntnis zur jahrhundertealten Keramiktradition der Stadt ins Leben gerufen wurde. Seitdem ist auch das ebenfalls 1971 gegründete Keramion als Ausstellungsraum der Wettbewerbsbeiträge und als Ort der Preisverleihung eng mit dem Frechener Keramikpreises verbunden.

Presiträger Frechenr Keramikpreis 1982

Arbeiten der Teilnehmerinnen* von 1982: (v.l.) Kumme (Gefäß) von Monika Gass, Dose von Antje Wiewinner, Kanne mit Deckel von Thomas Benirschke
Foto: S. Neumann / frechenschau.de

2021 übernahm die Stiftung Keramion die gesamte Ausrichtung des bis 1982 im zweijährigen und ab da im dreijährigen Turnus ausgelobten Wettbewerbs. In 2021 musste der Drei-Jahres-Turnus wegen der Corona-Pandemie ausnahmsweise unterbrochen und die Preisverleihung auf 2022 verschoben werden. Anlässlich des Jubiläums ist der Keramikpreis 2022 mit insgesamt 9.500 Euro ausgestattet  – mit jeweils 2.500 Euro gesponsert von der Kultur- und Umweltstiftung der Kreissparkasse Köln, der RheinEnergie AG und der Stadt Frechen. Zusätzlich gibt es einen Sonderpreis von Regina und Heiko Hünemeyer in Höhe von 2.000 Euro. Die Ausstellungseröffnung zum Keramikpreis 2022 ist für Oktober 2022 geplant.

Auszeichnung für die künstlerische Leistung

Der Förderpreis für in Deutschland tätige Keramikerinnen* bis zu einem Alter von 30 – bzw. 35 Jahren seit 2000 – unterstützt junge keramisch arbeitende Künstlerinnen* in ihrem Bemühen zur Fortentwicklung der keramischen Kunst. Bis heute werden nicht einzelne Arbeiten ausgezeichnet, sondern die künstlerische Leistung einer Keramikerin oder eines Keramikers. In einem strengen Auswahlverfahren mit Vorschlagsberechtigten (Vorjury) und Hauptjury werden in der Regel drei Preisträgerinnen* ermittelt. Gleichermaßen präsentiert – auch im Katalog – werden jedoch alle Teilnehmenden.

Gefäße und Säulen von Sabine Pakulat, Frechener Keramikpreis 1988

In den 80er Jahren wurde die keramische Oberflächenbehandlung ohne geschlossene Glasurschicht ein wichtiges Merkmal für die Bewertung der Arbeiten. Dafür sprachen u.a. die Arbeiten von Sabine Pakulat, Teilnehmerin 1988.
Foto: S. Neumann / frechenschau.de

Schon allein die Teilnahme an dem Frechener Wettbewerb gilt als Auszeichnung. Um ein möglichst hohes Niveau zu gewährleisten, bildet neben dem Vorstand der Frechener Kulturstiftung von Beginn an ein fachlich versierter Personenkreis die Jury, bestehend aus wechselnden Keramikerinnen*, Kunsthistorikerinnen*, Sammlerinnen*, Fachlehrerinnen* oder Galeristinnen*.

Erfolgreich auf dem Kunstmarkt

Betrachtet man die Ergebnisse, hat sich dieses Verfahren bewährt: Rückblickend ist die Qualität der Wettbewerbsbeiträge deutlich zu erkennen. So haben etliche bekannte mit Keramik arbeitende Künstlerinnen am Wettbewerb um den Frechener Keramikpreis teilgenommen und sind sogar als Preisträgerinnen hervorgegangen. Zu nennen sind etwa die gebürtige Koreanerin Young-Jae Lee und der junge Johannes Nagel, die mit ihren Gefäßen bzw. den entsprechenden Neuinterpretationen auf dem internationalen Kunstmarkt keine Unbekannten sind, oder auch Dieter Crumbiegel und Kyra Spieker.

Frechener Keramikpreis 2009 - Johannes Nagel

Gefäßkunst unter der Überschrift „Vessels, perhaps“ von Johannes Nagel, Preisträger 2003
Foto: S. Neumann / frechenschau.de

Auch Künstlerinnen, die heute in der Keramikszene oder dem Design große Namen sind, fielen in jüngeren Jahren beim Wettbewerb um den Frechener Keramikpreis auf und konnten durch ihre Qualität überzeugen, wie etwa Petra Bittl, Jochen Brandt, Maurice de Coulon, Cathy Fleckstein, Stefanie Hering, Maika Korfmacher, Bernhard Kühn, Uwe Lerch und Inke Lerch-Brodersen, André von Martens, Aino Nebel, Martin Neubert, Reinhold Rieckmann, Fritz Roßmann Barbara Schmidt, Guido Sengle, Fritz und Vera Vehring oder auch Friederike Zeit.

Bei den Jüngeren zeichnen sich ebenfalls erfolgreiche Karrieren ab, wenn man zum Beispiel an Jantje Almstedt, Hermann Grüneberg, Lena Kaapke, Isabell Kamp, Kiho Kang, Anna Dorothea Klug, Anne Kückelhaus, Jinhwi Lee, Danijela Pivasevic-Trenner, Sarah Pschorn, David Rauer, das Künstlerpaar Viola Relle und Raphael Weilguni oder Maria Volokhova denkt.

Schädel Salz und Pfeffer - Keramikpreis Frechen 2015

Schafschädel von Maria Volokhova, Frechener Keramikpreis 2015; die Augen dienen als Salz- und Pfefferstreuer.
Foto: S. Neumann / frechenschau.de

Konzentration auf das Gefäßthema

Gemäß der Auslobungsbedingungen werden bis heute die Teilnehmenden aufgefordert, fünf bis sechs exemplarische, aktuelle keramische Arbeiten einzureichen, anhand derer die Jury ihre künstlerische Qualität bewertet. Themen, Anwendungsgebiete und Techniken unterliegen keiner Beschränkung. Allerdings gab es in den Jahren bis 2000 aufgrund der traditionellen Bindung des Ortes an das Töpferhandwerk durchaus den deutlichen Willen der Frechener Kulturstiftung, die künstlerische und vor allem handwerkliche Auseinandersetzung mit dem Gefäßthema als notwendige Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme darzustellen.

1997 wurde zur Förderung der Gefäßkeramik eigens eine zusätzliche Prämierung eingeführt, die aber bereits beim nächsten Wettbewerb im Jahre 2000 aufgrund des zunehmenden künstlerischen Desinteresses an Gefäßen nicht mehr formuliert wurde. Damit endete bei der Vergabe des Frechener Keramikpreises die besondere Fokussierung auf das Thema der gedrehten Gefäße. Dennoch galt auch weiterhin ein Augenmerk innovativen Gefäßdarstellungen, bei denen weniger die handhabbare Funktion im Vordergrund stand als vielmehr die Idee der Metapher.

Arbeiten von Meyer und Nebel ür den Frechener Keramikpreis 2003

Arbeiten für den Frechener Keramikpreis 2003: „Russisches Ballett“ von Aino Nebel (unten) und „Universalspender“ von Preisträgerin Marie-Luise Meyer
Foto: S. Neumann / frechenschau.de

Der allgemeinen Emanzipation vom allzu engen Verhaftetsein im Handwerk entsprechen seit 2003 auch die Auslobungsbedingungen, die nun neben dem Gefäß explizit die Bereiche Plastik, Relief/Bild, serielle, architekturbezogene und installative Keramik berücksichtigen.

 

Text (auszugsweise)/Quelle: Gudrun Schmidt-Esters, Museumsleiterin Keramion

 

Ausstellung vom 27.03.2022 − 26.02.2023

Öffnungszeiten: Di – Fr + So: 10.00 – 17.00 Uhr; Sa: 14.00 – 17.00 Uhr

Stiftung KERAMION
Zentrum für moderne+historische Keramik
Bonnstraße 1, 50226 Frechen

 

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