Der Haushalt 2020 ist durch – Jamaika wohl auch

Kommentar von Susanne Neumann

Ein kommentierter Bericht von Susanne Neumann

Der Haushalt der Stadt Frechen für das kommende Jahr ist durch – die Jamaika-Koalition im Stadtrat offenbar auch. Sichtlich genervt und äußerst knapp fauchte Miriam Erbacher, Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/ Die Grünen im Frechener Stadtrat gestern Abend zu später Stunde die Zustimmung ihre Fraktion zum Haushalt für das Jahr 2020 in ihr Mikrofon. Immerhin. Denn sicher hatten man sich ihrer Zustimmung zu dem Zeitpunkt nicht mehr sein können. In den vorangegangenen Stunden hatten ihre Koalitionspartner, die Fraktionen von CDU und FDP, bei diversen Abstimmungen gegen die Stimmen der Grünen votiert. Das zunehmend unberechenbare Abstimmungsverhalten der Mehrheitskoalition eröffnete den Fraktionen der Opposition aus SPD, der Linken und der Perspektive für Frechen die Chance, Mehrheiten für die eigenen Forderungen zu gewinnen. Doch bei der SPD-Fraktion fehlten zwei Mitglieder. Dadurch kamen SPD, Linke und Perspektive zusammen mit den Grünen auf insgesamt 22 Stimmen (SPD 14 (statt 16), Linke 2, Perspektive 2 und Grüne 4), CDU und FDP aber ebenfalls (CDU inklusive Bürgermeisterin 20 (statt 21, denn auch hier fehlte jemand), FDP 2). Und im Falle von Stimmengleichheit bei „Dafür“ und „Dagegen“ gilt ein Antrag als abgelehnt. Das kam gestern Abend häufiger vor.

Zähneknirschende Zustimmung der Grünen zum Haushalt

So wird sich am Ende des langen Tages vor allem die SPD über die vertane Chance geärgert haben, mehr ihrer Forderungen in den Haushalt einzubringen. Folgerichtig stimmte sie ihm nicht zu, ebenso wenig wie die Perspektive und die Linken. Verabschiedet wurde der Haushalt dennoch – mit den Stimmen von CDU samt Bürgermeisterin Susanne Stupp, FDP und – zähneknirschend – den vier Grünen.

Eine Mehrheit für Oppositionsanträge kam immerhin zustande, als es um die Einrichtung von zusätzlichen Stellen für den Außendienst des Ordnungsamtes ging. Die SPD hatte zweieinhalb Stellen beantragt für mehr Kontrollgänge auf Frechens Straßen und Plätzen vor allem in den Abendstunden. Der Perspektive war die verstärkte Kontrolle von Falschparkern sogar ein Antrag auf drei zusätzliche Stellen wert. Am Ende einigte man sich mit den Stimmen fast aller Fraktionen auf zweieinhalb zusätzliche Stellen – allein gegen die Stimmen der CDU.

Tischvorlagen Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden zur Stadtratssitzung am 10. Dezember.

Tischvorlagen und Haushaltsreden der Fraktionsvorsitzenden zur Stadtratssitzung. Letztere wurden zu vorgerückter Stunde nur noch ausgeteilt aber nicht mehr gehalten.
Foto: Susanne Neumannn

CDU und FDP gegen Grün

In den folgenden Stunden Haushaltsberatung waren sich FDP und CDU dann aber überwiegend einig, während Einigkeit mit den Grünen meist nur bestand, wenn sowieso der ganze Rat einstimmig votierte. CDU und FDP verhinderten mit ihren 22 Stimmen eine weitere Stelle zur schnelleren Umsetzung der Maßnahmen des Verkehrsentwicklungsplans (VEP), die die Grünen beantragt hatten. Auch lehnten CDU und FDP es ab, zusätzliche Gelder für Dachbegrünungen und Photovoltaikanlagen auf städtischen Gebäuden im Haushalt vorzuhalten. Drei neue Mitarbeiter in der Gebäudewirtschaft würden in 2020 zu Klimaschutzmanagern ausgebildet, hatte die Verwaltung zu entsprechenden Anträgen von SPD, der Perspektive und den Grünen, angemerkt, außerdem sei in 2020 ohnehin die Erstellung eines detaillierten Frechener Dachkatasters geplant. Dafür werde im Detail geprüft, ob und wie auf städtischen Gebäuden Photovoltaikanlagen oder ähnliches installiert werden könne.

Musikschule und VHS: Honoraranpassung verschoben

Einer Forderung der Grünen, einen Teil der Honorarverträge der städtischen Musikschule in Festanstellungsverträge umzuwandeln, mochte man sich ebenfalls nicht anschließen. Miriam Erbacher hatte den grünen Antrag damit begründet, dass einige Honorarkräfte ihres Erachtens eindeutig als Scheinselbständige beschäftigt werden. Das sei erstmal zu prüfen, entgegnete Karla Palussek, Fraktionsvorsitzende der CDU. So wurde das Thema zur Klärung in den Kulturausschuss überstellt. Danach blockierten CDU und FDP die Anträge der Grünen, die Honorare von Honorarkräften der Musikschule und der Volkshochschule zu erhöhen. Dafür zogen sich die Grünen kurz darauf aus einem Teil eines gemeinsamen Antrags der Koalition zurück, man möge die Fortschreibung des Sportentwicklungsplans vor allem vor dem Hintergrund fehlender Sportstätten in Königsdorf bereits in 2020 beginnen statt in 2021.

Keine Senkung der Grundsteuer B

Und so ging das weiter. CDU und FDP stimmten gegen die Einrichtung einer zusätzlichen Stelle im Grünflächenamt zur Vor- und Nachbereitung von Baumersatzpflanzungen, die ihrem Koalitionspartner ein besonderes wichtiges Anliegen sind. Die Restkoalition schmetterte mit ihren 22 Stimmen auch einen Antrag der SPD auf neue Blumenkübel in der Innenstadt ab, den die Grünen unterstützten. Erst gegen Ende der Haushaltsberatungen waren sich CDU und Grüne nochmal einig und sprachen sich gegen die Senkung der Grundsteuer für Grundstücke (Grundsteuer B) aus, die ihr Koalitionspartner FDP ebenso gefordert hatte, wie SPD und Perspektive. Bei der geheimen Abstimmung, die der Fraktionsvorsitzende der Perspektive, Dieter Zander, daraufhin beantragte, sprachen sich 23 Ratsmitglieder gegen die Senkung der Grundsteuer B aus, ein Mitglied enthielt sich (Korrektur siehe Nachtrag*). Der Antrag der Perspektive auf Gewerbesteuersenkung wurde ebenfalls abgelehnt. Mit den Stimmen von FDP, den Grünen, der SPD und der Linksfraktion ging bei Enthaltung der Perspektive nur die Absenkung der Grundsteuer für forst- und landwirtschaftliche Betriebe (Grundsteuer A) um 10 Punkte ab 2020 durch.

Kämmerer: „Der Haushalt funktioniert.“

Die FDP hatte sich besonders für Steuersenkungen eingesetzt, weil man der Steuererhöhung in 2016 nur widerstrebend zugestimmt habe. FDP-Fraktionsvorsitzender Bernhard von Rothkirch: „Wir haben uns von dem düsteren Bild einschüchtern lassen, das der Kämmerer in 2016 gezeichnet hat.“ Eben jener Kämmerer Patrick Lehmann zog am Ende der diesjährigen Haushaltsberatungen und vor Verabschiedung des Gesamtergebnisses ein verhalten positives Fazit. „Im Vergleich zum eingebrachten Haushalt hat sich das Defizit zwar erhöht, aber zu meiner Überraschung nicht so sehr, wie ich erwartet hatte.“ Das Minus von rund achteinhalb Millionen in 2020 könne aus Rücklagen gedeckt werden, ohne dass die Deckung fünf Prozent des Eigenkapitals überschreiten werde. Patrick Lehmann: „Der Haushalt funktioniert.“

*Nachtrag vom 12.12.2019, Die ursprünglich in diesem Text formulierte Darstellung, dass sich CDU und Grüne gegen Ende der Haushaltsberatungen nochmal zusammen taten und „mit vereinten 24 Stimmen“ die Senkung der Grundsteuer B verhinderten, ist falsch. Richtig ist, dass sich CDU und Grüne in der Diskussion gegen die Senkung aussprachen, die Entscheidung dann aber auf Antrag der Perspektive in geheimer Abstimmung fiel: mit 23 Gegenstimmen und einer Enthaltung.

 

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