Sonderprüfung Korruptionsaffäre: Bürgermeisterin geht an die Öffentlichkeit

In den Räumlichkeiten des Frechener Stadtarchivs informierte Bürgermeisterin Susanne Stupp (2.v.l.) die Medien über die Ergebnisse ihres Sonderprüfauftrags „Asyl“ zum Korruptionsskandal von 2019, neben ihr die Leiterin des Prüfungsamts, Ingeborg Valdor (l.), Stadtrechtsdirektor Dieter Dumstorff (2.v.r.) sowie Rechtsanwalt Dr. Walther Graf (r.).
Bild: Susanne Neumann
Fast zwei Jahre und unter Ausschluss der Öffentlichkeit hat die verwaltungsinterne Aufarbeitung der Korruptionsaffäre gedauert, die die Stadt Frechen im Jahr 2019 in die Schlagzeilen brachte. Im Kontext der Flüchtlingsunterbringung und -versorgung in den Jahre 2015 bis 2017 gerieten städtische Mitarbeiter in den Verdacht, Bestechungsgelder kassiert zu haben, um externen Unternehmen Bewachungs- und Cateringaufträge zu verschaffen. Als die Unternehmer im Dezember 2019 verurteilt wurden, haute die Richterin der Stadtverwaltung den Fall öffentlich um die Ohren: Unzureichende Kontrollmechanismen auf Verwaltungsebene hätten es den verurteilten Kriminellen sehr leicht gemacht.
Der Vorwurf floss ein in die Aufarbeitung der Korruptionsvorgänge, mit der Bürgermeisterin Susanne Stupp das städtische Prüfungsamt bereits im Mai 2019 beauftragt hatte. Die zentralen Fragen bei diesem so benannten Sonderprüfauftrag „Asyl“ lauteten: Gab es Unregelmäßigkeiten oder gar kriminelle Machenschaften über die bekannt gewordenen Vorgänge in der Abteilung „Wohnen und Soziales“ hinaus? Welcher Schaden ist der Stadt und damit den Steuerzahlenden entstanden? Und was kann getan werden, um kriminelle Handlungen zukünftig zu erschweren?
Externe Kanzlei mit Prüfung beauftragt
Zur Unterstützung des Prüfungsamtes wurde im Rahmen des Sonderprüfauftrags die externe Rechtsanwaltskanzlei VBB Rechtsanwälte beauftragt. Anfang März dieses Jahres legte die Kanzlei ihren abschließenden Prüfbericht in nicht öffentlicher Sitzung im Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) der Stadt Frechen vor. Der beschloss einstimmig, zunächst die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung und dann die Öffentlichkeit über die Ergebnisse der Sonderprüfung zu informieren – freilich unter strikter Beachtung der Persönlichkeitsrechte betroffener Personen und des Datenschutzes.
Am vergangenen Dienstag nun trat die Bürgermeisterin in den Räumlichkeiten des Stadtarchivs vor die Presse, um die Öffentlichkeit so weit wie möglich zu informieren. Begleitet wurde sie dabei neben Stadtsprecher Thorsten Friedmann von der Leiterin des Prüfungsamts Ingeborg Valdor, von Stadtrechtsdirektor Dieter Dumstorff, Fachdienstleiter „Innere Verwaltung“ der Stadt Frechen und Korruptionsbeauftragter, sowie von Rechtsanwalt Dr. Walther Graf, den die Stadt für die Kommunikation mit der Kölner Staatsanwaltschaft beauftragt hat.
Bund der Steuerzahler hakte nach
Zu den teilnehmenden Medienvertreterinnen* an der Pressekonferenz zählte auch Bärbel Hildebrand, Leiterin der Pressestelle beim Bund der Steuerzahler NRW (Bild oben ganz rechts). Sie hatte in einem Beitrag in der Mitgliederzeitschrift „NRWNachrichten“ vom Mai unter dem Stichwort „Heimlichtuer“ die Stadt Frechen wegen der fehlenden Transparenz insbesondere im Hinblick auf den finanziellen Schaden kritisiert, der den Steuerzahlerinnen* durch den Korruptionsskandal entstanden sei. Auch auf mehrfache schriftliche Anfrage bei der Pressestelle der Stadt Frechen hatte sie nämlich keine Antwort erhalten. Von der Pressekonferenz erfuhr sie von der Frechenschau.de-Redaktion.
„Selten hatten wir rund um diese Fragestellung positive Dinge zu verkünden“, eröffnete Susanne Stupp die Pressekonferenz (PK). „Heute wird das der Fall sein.“ Es sei für sie ein „schöner Moment“ die Ergebnisse des abschließenden Prüfberichts zu verkünden. Das wichtigste: Über die bereits bekannten Fälle hinaus konnte kein strafrechtlich relevantes Verhalten der Mitarbeitenden in der Abteilung „Soziales und Wohnen“ festgestellt werden. Soweit die gute Nachricht, die aber auch schon vor einem Jahr als vorläufiges Ergebnis aus der Prüfung hervorging. Eingestehen musste die Bürgermeisterin aber auch: Bei der Bewältigung der so genannten Flüchtlingskrise vor Ort gab es in der Abteilung „Soziales und Wohnen“ Dokumentationsmängel, „Arbeitsfehler“ wurden gemacht und Kontrollmechanismen erwiesen sich als unzureichend.
[Die nachstehenden Fakten sind stellenweise einer schriftlichen Presseinformation entnommen, die auf der PK am vergangenen Dienstag ausgehändigt wurde. Zum Stand der verschiedenen Ermittlungs- und Gerichtsverfahren im Korruptionsfall berichteten Dieter Dumstorff und Dr. Walther Graf mündlich.]
Was zu erfahren war
Bekanntlich verurteilte das Landgericht Köln die Geschäftsführer der Unternehmen BSS (Security) und Chilischote (Catering) am 10. Dezember 2019 wegen Korruption, Untreue, Steuerhinterziehung und Sozialabgabenbetrug. Das Urteil ist jedoch aktuell noch beim Bundesgerichtshof anhängig, weil Berufung eingelegt wurde. Es ist also noch immer nicht rechtskräftig.
Zwei Entlassungen und ein Disziplinarverfahren
Im Zusammenhang mit dem Strafverfahren des Landgerichts Köln gegen die Unternehmer hatte die Staatsanwaltschaft in den Jahren 2018 und 2019 wegen des „spiegelbildlichen“ Verdachts der Bestechlichkeit die Ermittlungen gegen drei städtische Mitarbeiter aufgenommen: gegen den Leiter der Abteilung „Soziales und Wohnen“ im städtische Fachdienst 5 (Jugend, Soziales und Familie), gegen dessen Stellvertreter, einen Sachgebietsleiter, sowie gegen einen Hausmeister im städtischen Dienst. Dem Abteilungsleiter (Amtsleiter) und dem Haumeister wurde von der Stadt daraufhin fristlos gekündigt. Beide waren tariflich beschäftigt.
Gegen den verbeamteten Sachgebietsleiter wurde ein Disziplinarverfahren eröffnet mit dem Ziel, ihn aus dem Dienst zu entfernen. Dieses Verfahren ist noch anhängig und muss erst noch vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht verhandelt werden. Stadtrechtsdirektor Dieter Dumstorff geht davon aus, dass das demnächst passieren wird.
Hauptverhandlung gegen Angeklagte steht noch aus
Im Strafverfahren gegen alle drei beschuldigten ehemaligen städtischen Mitarbeiter steht die Hauptverhandlung am Landgericht Köln noch aus. Die Klage wurde im Oktober 2020 zugelassen.
Rechnung geht auf Steuerzahlerinnen*
Der ehemalige Abteilungsleiter wurde von der Stadt auf Schadenersatz verklagt. Aufgrund eines Vergleichs hat die Stadt einen Schuldentitel erwirkt, der sich nach Angaben von Stadtrechtsdirektor Dieter Dumstorff auf rund eine halbe Millionen Euro erstreckt. Ob und wann der Titel aber überhaupt vollstreckt werden kann, sprich, ob das Geld überhaupt vom Schuldner gezahlt wird oder werden kann, ist ungewiss. Der Titel ist 30 Jahre lang gültig.
Gerichtskosten seien der Stadt nicht entstanden, hieß es auf der PK. Über die Kosten für die anwaltschaftliche Betreuung der Stadt in den verschiedenene Verfahren schweigt man sich jedoch aus. Auf eine entsprechende Anfrage von Frechenschau.de am vergangenen Donnerstag reagierte die Stadt bisher nicht.
Die Gesamtrechnung für den Sonderprüfung beläuft sich nach Angaben der städtischen Prüfungsleiterin auf 667.205,91 €.
Was geprüft wurde
Zu den „Sachverhaltskomplexen“, die bei der Sonderprüfung unter die Lupe genommen wurden, zählten nach Auskunft der Stadtverwaltung:
- Vergabe und Aufträge durch die Abteilung „Soziales und Wohnen“ rund um die Abwicklung der Asylbetreuung, darunter die Auftragsvergabe an Dritte
- Anmietung von Wohnraum für Geflüchtete und hausmeisternahe Dienstleistungen
- Vermittlung von Wohnraum an Geflüchtete
- Beauftragung von Honorarkräften im Kontext der Flüchtlingskrise
Darüber hinaus gab es „weitere Verdachtsmomente“, die geprüft wurden. Der fertiggestellte Prüfbericht enthielt laut Ingeborg Valdor 34 so bezeichnete „Einzelfeststellungen“, zu denen die Verwaltung am 2. März im Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) Stellung nahm (siehe auch Niederschrift des Rechnungsprüfungsausschusses im Sitzungsdienst der Stat Frechen). Bei diesen „Einzelfeststellungen“ handele es sich um Verdachtsmomente und Unregelmäßigkeiten, die in einzelnen Fällen aufgefallen seien und besonders unter die Lupe genommen wurden. Worum es konkret dabei ging, deutete die Prüfungsleiterin auf der PK nur an. Klar wurde jedoch kommuniziert: Bei der Bewältigung der so genannten Flüchtlingskrise vor Ort gab es in der Abteilung „Soziales und Wohnen“ „Dokumentationsmängel“, „Arbeitsfehler“ wurden gemacht und Kontrollmechanismen erwiesen sich als unzureichend.

Auszug aus der Presseinformation, die den Medienvertreterinnen* am 15. Juni 2021 auf der Pressekonferenz zum Sonderprüfauftrag „Asyl“ der Bürgermeisterin ausgegeben wurde.
Repro: S. Neumann
Die umfangreiche Aktenlage, auf denen die Sonderprüfung basierte, umfasste laut Prüfungsamtsleiterin 67 Aktenordner (man rechnet mit bis zu 600 Blatt Papier pro Ordner von 80 mm Dicke, A.d.R.), 25.000 digitale Datensätze, die durchforstet und auf 6.700 relevante Dateien reduziert wurden, sowie die Ergebnisse aus „Compliance-Interviews“ mit städtischen Mitarbeiterinnen*, die im Dezember 2020 und Januar 2021 durchgeführt wurden.
Entlarvende Handlungsempfehlungen
Welche Lehren und Maßnahmen aus der Sonderprüfung abzuleiten seien, war eine der zentralen Fragestellungen des Sonderprüfauftrags der Bürgermeisterin. Und so hängte die beauftragte Kanzlei ihrem Prüfbericht eine entsptrechende Liste von Handlungsempfehlungen an, darunter die „Einführung eines verbindlichen Vier-Augen-Prinzips mit entsprechender Dokumentation“, die „Sensibilisierung der Bedienstete im Bereich Nebentätigkeiten und persönliche Näheverhältnisse bei Vergabe/Beauftragung Dritter“ und die Installation einer „Whistleblower-Hotline“ oder Ombudsstelle.
Schutz für Whistleblowerinnen* als EU-Richtlinie
Eine „Whistleblower-Hotline“ ist ein Kanal zu einer unabhängige Stelle, die unter Zusicherung von Anonymität Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten entgegennimmt und diesen auch nachgeht. Neueres EU-Recht verplichtet unter anderem Kommunen, solche Whistleblower-Hotlines oder „Ombudsstellen“ einzurichten.
Nachdem das Thema „Veröffentlichung der Handlungsempfehlungen“ dem Vernehmen nach schon Anfang März im Rechnungsprüfungsausschuss kontrovers diskutiert worden war, hatten die Oppositionsfraktionen Perspektive für Frechen, FDP und Die Linke sowie SPD-Mann Kai Uwe Tietz, dessen Partei sich einem gleichlautenden Gemeinschaftsantrag der Opposition anschloss, zum RPA am vergangenen Donnerstag die Veröffentlichung der Handlungsempfehlungen beantragt. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf und der Steuerzahler schließlich viel Geld dafür bezahlt, erklärte Dieter Zander von der Perspektive für Frechen mit Hinweis auf die Kosten für die beauftragte Kanzlei. „Eine umfassende Veröffentlichung der Handlungsempfehlungen ist nicht vorgesehen“, hieß es dagegen noch in der Vorlage der Verwaltung zum RPA am vergangenen Donnerstag. „Dies ergibt sich auch nicht aus den Beschlüssen des Rechnungsprüfungsausschusses vom 2.3.2021.“

Die Presseinformation, die den Medienvertreterinnen* am 15. Juni 2021 auf der Pressekonferenz zum Sonderprüfauftrag „Asyl“ der Bürgermeisterin ausgegeben wurde, enthielt die Handlungsempfehlungen der Kanzlei.
Repro: S. Neumann
Im öffentlichen Teil der Sitzung bot die Bürgermeisterin dann aber an, die Handlungsempfehlungen auf der Homepage der Stadt zu veröffentlichen und dort auch den jeweils aktuellen Stand ihrer Umsetzung öffentlich zu kommunizieren. Das genügte der Opposition, sie bestand nicht auf einer Abstimmung Ihres Antrags.
Susanne Neumann, Herausgeberin der Frechenschau.de
Dies sei ein „schöner Moment“ für sie, eröffnete Susanne Stupp am vergangenen Dienstag ihre Erklärung bei der Pressekonferenz zum Sonderprüfbericht – und das wirkte auf mich schon etwas trotzig. Zumal das, was folgte, nicht die frohe Botschaft war, als die sie sie verkündete: Über die gemeinsamen kriminelle Machenschaften von drei städtischen Mitarbeitern hinaus, gegen die demnächst wegen Bestechung und Bestechlichkeit vor Gericht verhandelt werden soll, konnte – so wörtlich – „kein strafrechtlich relevantes Verhalten der Mitarbeitenden der Abteilung ‚Soziales und Wohnen‘ im Kontext der Flüchtlingskrise festgestellt werden“. Wohl überlegt formuliert. „Der Generalverdacht ist vom Tisch“, stand dann auch treffend über dem Kommentar von Patrik Reinartz** im Kölner Stadt-Anzeiger geschrieben. [** In der Version dieses Artikels, die per Mail an die Abonnentinnen* der Frechenschau.de ging, habe ich den Namen des Kollegen versehentlich falsch geschriebene, dafür entschuldige ich mich ausdrücklich!]
Was die Bürgemeisterin aber ebenfalls eingestehen musste: Eine Reihe von „Verdachtsmomenten“ haben sich deswegen nicht bestätigt, weil sie schlicht nicht belegt werden konnten: „Dokumentationsmängel“ hieß das auf der PK. „Die Aktenlage war unvollständig“, brachte es Kai Uwe Tietz von der SPD-Fraktion zwei Tage nach der Pressekonferenz im Rechnungsprüfungsausschuss (RPA) auf den Punkt.
Das bedeutet Zweierlei: Erstens lässt die Aktenlage den Schluss zu, dass nicht alles, was war, zu Tage befördert werden konnte. Ein „Dunkelfeld“ bleibe, konstatierte Kai Uwe Tietz im RPA. Oder, wie Peter Singer von der Linksfraktion es zuspitzte: „Wenn die Kanzlei sagt, dass es keine Hinweise auf straffälliges Verhalten gab, heißt das nicht, dass es keins gegeben hätte.“ Stadtrechstdirektor Dieter Dumstroff parierte im RPA prompt mit dem Hinweis, die Bürgermeisterin habe gegenüber der Presse ja auch „ausdrücklich“ darauf hingewiesen, dass sich einige Verdachtsmomente aufgrund der unvollständigen Aktenlage nicht bestätigen ließen. Das machte es nicht besser.
Zweitens liegt auf der Hand, dass zumindest in der Krise, in diesem Fall der Flüchtlingskrise, das interne Kontrollsystem in jener Abteilung versagte, die haupsächlich zuständig war. Zurecht kann man einwenden, dass für die herausgeforderten Mitarbeiterinnen* der Abteilung „Wohnen und Soziales“ angesichts der Notsituation, in der sich die Geflüchteten befanden, auch mal spontanes und unbürokratisches Handeln angezeigt war. Nachvollziehbar dokumentiert hätte es aber doch trotzdem – und umso mehr von Vorgesetzten im Auge behalten werden müssen! Bei der Vermittlung von Wohnraum an Geflüchtete habe es kein einheitliches Vorgehen gegeben, berichtete die Prüfungsleiterin auf der Pressekonferenz, die Vergabe von Aufträgen, Anschaffungen, oder die Beschäftigung von Honorarkräften zur Bewältigung der Flüchtlingskrise vor Ort sei nicht oder nur lückenhaft dokumentiert worden, Belege seien nicht auffindbar gewesen, sogar schriftliche Verträge hätten gefehlt. Es ist kein Wunder, dass die Frechener Verwaltung sich – unterstützt von der CDU-Fraktion im RPA – zunächst sträubte, die Handlungsempfehlungen zu veröffentlichen, die die Kanzlei ihrem Schlussbericht zum Sonderprüfauftrag angefügt hatte. Denn darin kann man Schwarz auf Weiß nachlesen, was in der Verwaltung im Argen lag – zumindest bislang.
Am Ende hat der Sonderprüfauftrag der Bürgermeisterin doch untermauert, was Dr. Sabine Grobecker, Richterin am Landgericht Köln, der Stadt Frechen vorwarf, als sie im Dezember 2019 die beteiligten Unternehmer in der Frechener Korruptionsaffäre verurteilte: Ihnen seien ihre kriminellen Machenschaften „durch ein Fehlen jeglicher institutionalisierter Kontrollmechanismen, etwa einem Außerachtlassen des Vier-Augen-Prinzips und einem Ausschreibungsverfahren, auf Ebene der Verwaltung der Stadt Frechen leicht gemacht“ worden – ein Umstand „zu Gunsten“ der Verurteilten, mit anderem Wort: strafmildernd.
Bleibt neben dem beschadeten Ansehen der Stadt, Anwaltskosten und einem Schuldentitel, dessen Vollstreckung ungewiss ist, die rund 670.000 Euro, die die Steuerzahlenden allein der Sonderprüfauftrag gekostet hat. Dafür hat die Stadtverwaltung aber gründlich ihre Prozesse analysiert und ihr Compliance Managment auf den Prüftstand gestellt. Erkenntnisse aus der Aufarbeitung der Korruptionsvorgänge flossen schon in die Neufassung einer internen „Dienstanweisung Vergabe“ ein (Frechenschau.de berichtete). Und gerade recht kommt eine neue gesetzliche Vorgabe, die es der örtlichen Rechnungsprüfung zur Aufgabe macht, die Wirksamkeit interner Kontrollen im Rahmen eines Internen Kontrollsystem (IKS) zu prüfen. Im Anschluss an den Tagesordnungspunkt “ ‚Sonderprüfauftrag Asyl‘ – Sonderprüfbericht, Information der Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit“ stellte Prüfungsamtsleiterin Ingeborg Valdor am vergangenen Donnerstag im RPA das neue Interne Kontrollsystem vor, das die gesamte Stadtverwaltung integrieren wird. Das entlaste die Verwaltung, begüßte Angela Lindemann-Berk von der FDP das neue IKS nach dem Vortrag der Prüfungsamtsleiterin, und könne die Hürde ein ganzes Stück weit höher legen für den Aufwand an krimineller Energie, wie sie im Frechener Korruptionsfall an den Tag gelegt wurde. Mehr kann man nicht erwarten.
Verfahren zu weiterem Korruptionsverdacht
Von den Medien unbeachtet wurde nach Informationen von Frechenschau.de im Zuge der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im Frechener Rathaus im Jahr 2019 noch ein weiteres Ermittlungsverfahren eingeleitet gegen einen anderen Mitarbeiter der Stadt Frechen aus einer anderen Abteilung. Auch dabei ging es um den Verdacht auf Bestechung und Bestechlichkeit. Das Ermittlungsverfahren gegen den städtischen Mitarbeiter und eine weitere – externe – Person stehe „in keinem unmittelbarem [sic.] Zusammenhang mit den Verfahren gegen den ehemaligen städtischen Abteilungsleiter und dessen Vertreter bzw. mit dem Verfahren gegen die Geschäftsführer der Hürther Unternehmen“, nimmt der Rechstdirektor der Stadt Frechen, Dieter Dumstorff, auf Anfrage dazu Stellung. Er bestätigt auch, dass das Verfahren unterdessen – nach Auskunft der Kölner Staatsanwaltschaft im Februar 2021 – eingestellt und keine Anklage erhoben wurde. Dieter Dumstorff: „Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage […] besteht, wenn es bei vorläufiger Beurteilung der Beweissituation wahrscheinlich ist, dass der Beschuldigte wegen einer Straftat verurteilt wird. Da die Staatsanwaltschaft dies verneint hat, ist das Verfahren nach § 170 Absatz 2 StPO eingestellt worden.“
Der ehemalige Abteilungsleiter soll sich lt. Landgericht Köln um etwa 200.000 € bereichert haben. Ist es dann verhältnismäßig, für einen Sonderprüfauftrag 667.000 € auszugeben? Ich verstehe, dass die Untersuchung auf einen größeren Personenkreis ausgeweitet werden musste und aufwändig war, aber: Hat man der Kanzlei bei der Auftragserteilung in Bezug auf den Umfang der Prüfung (und damit auch auf das Honorar) völlig freie Hand gelassen? Die angehängten Handlungsempfehlungen halten sich – wie mir scheint – im Rahmen dessen, was in jeder Kommunalverwaltung sowieso Standard sein sollte, und hätten auch nicht so teuer bezahlt werden müssen. Es wäre sicher interessant, Details über den Vertrag der Stadt mit der Kanzlei zu erfahren.
Endlich! Großartig und gründlich recherchiert. Wie kann es sein, dass Externe Berater Missstände mit enormen Kosten aufbereiten müssen, obwohl die Stadt Frechen ein Rechnungsprüfungsamt und eine eigene Rechtsabteilung hat.