VEP: Einbahnstraße Clarenbergweg als erste umgesetzte Maßnahme im Verkehrsentwicklungsplan

Durchfahrverbot Clarenbergweg als VEP Projekt

Seit Mitte November ist der Clarenbergweg, der das Gewerbegebiet an der Dr.-Gottfried-Cremer-Allee und den Stadtteil Bachem miteinander verbindet, Einbahnstraße. Kurz nach der Installation der Beschilderung hielt sich noch lange nicht jeder an das neue Durchfahrverbot.
Foto: Susanne Neumann

Fluchend wendet ein Handwerker seinen Kleintransporter. Offensichtlich wurde er von den beiden neuen Verkehrsschildern überrascht, die neuerdings auf dem Clarenbergweg in Frechen das Ende einer Einbahnstraße signalisieren. Wer mit seinem Fahrzeug von der Dr.-Gottfried-Cremer-Allee aus in den Clarenbergweg Richtung CJD Berufsbildungswerk (BBW) Frechen und Richtung Bachem einbiegt, wird an der Kurve 20 Meter hinter der Kreuzung von den roten runden Schildern mit dem weißen Querbalken gestoppt. Nur Fahrräder dürfen weiterfahren, wie die Schilder darunter anzeigen. „Das ist doch nicht durchdacht“, schimpft einer der Autofahrer, die die neuen Verkehrszeichen einen Tag nach ihrer Installation beachten und umdrehen.

Durchdacht wurde die neue Verkehrsregelung aber schon. Sie ist eine von insgesamt 49 nach Priorität „1“ bis „3“ sortierten Maßnahmen, die seit zwei Jahren auf dem Tisch liegen. Der Maßnahmenkatalog ist Bestandteil des Verkehrsentwicklungsplans (VEP) der Stadt Frechen, der im November 2016 als Fortschreibung von den zuständigen Ausschüssen beschlossen wurde – in Gestalt eines Ergebnisberichts. Für den Bericht erfasste und analysierte die damit beauftragte Ingenieurgruppe IVV den Motorisierten Individualverkehr (MIV), den Rad- und den Fußgängerverkehr sowie den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in Frechen. Konflikt- und Unfallschwerpunkte wurden herausgearbeitet und schließlich jener detaillierten Maßnahmenkatalog vorgelegt, der die Verkehrswege und -abwicklung in Frechen verbessern und fit machen soll für die Zukunft. Angelegt ist der VEP auf einen Zeitraum von 10 bis 15 Jahren.

Schwerpunkt im VEP: Radverkehr

Der Schwerpunkt der Maßnahmen liegt auf dem Radverkehr: Bestehende Fahrradwege sollen verbessert, Konflikte mit anderen Verkehrsmitteln entschärft und Lücken im Hauptradwegenetz geschlossen werden. Im Fokus hatten die Planer auch den Anschluss des örtlichen Radwegenetzes an den geplanten Radschnellweg zwischen Frechen und Köln. An dieser Stelle kommt der Clarenbergweg ins Spiel: Er könnte in einer planerischen Variante Bestandteil der Anbindung an den Radschnellweg über den Frechener Bahnhof werden.

Die Ingenieurgruppe IVV beschied dem Clarenbergweg im Rahmen ihrer Mängelanalyse eine zu geringe Rad- und Fußwegbreite und dadurch Konflikte mit dem MIV. So schaffte es die Verbindungsstraße zwischen Bachem und dem Gewerbegebiet an der Dr.-Gottfried-Cremer-Allee immerhin auf Position 10 im Maßnahmenkatalog – allerdings nur mit Priorität 2. Der Vorschlag: Einrichtung einer Einbahnregelung Richtung Gewerbegebiet und Bahnhof verbunden mit der Freigabe für den Radverkehr in Richtung Bachem – und Einrichtung einer Fahrradstraße.

 

Gesperrte Bachemer Straße am Mobilitätstag 2018

Eine planerische Variante für die Anbindung von Frechen an den Radschnellweg Frechen-Köln ist die Sperrung der K 29 Bachemer Straße für den motorisierten Verkehr und die Ausweisung des Clarenbergweges als Fahrradstraße. Zum Mobilitätsstag im September wurde die K 29 schonmal testweise für Autos dicht gemacht.
Foto: Susanne Neumann

 

Bis dato ist jedoch offen, wann der Radschnellweg Frechen-Köln realisiert wird. Eine Machbarkeitsstudie, in der auch Empfehlungen für die Streckenführung gegeben werden sollen, befindet sich noch in der Erarbeitung, soll aber bis Ende dieses Monats vorliegen. Erst dann wird sich auch klären, welche Rolle der Clarenbergweg bei der Anbindung Frechens an den Radschnellweg spielen wird. (Die Stadt Köln informiert auf ihrer Homepage umfänglich über den Radschnellweg und den Stand der Planungen).

Vorab beschloss der Ausschuss für Bauen, Verkehr und Umwelt (BVU) der Stadt Frechen am 5. Juli dieses Jahres, die empfohlene Einbahnstraßenregelung auf dem Clarenbergweg einzurichten. „Aufgrund der besonderen verkehrlichen Situation auf dem Clarenbergweg – starker Fuß- und Radverkehr, geringe Fahrbahnbreiten und starker Zwei-Richtungsverkehr – schlägt die Verwaltung auch nach mehrfachen Hinweisen aus der Bevölkerung vor, die im VEP an Position 10 genannte Maßnahme (…) vorzuziehen und abweichend der Empfehlung nur als Einbahnstraße einzurichten“, heißt es zur Begründung in der Beschlussvorlage für den BVU. So geriet die Einrichtung der Einbahnstraße Clarenbergweg recht unvermittelt zur Premiere: Sie ist das 1. Projekt aus dem VEP vom November 2016, „das im Ergebnis, also handwerklich, als Maßnahme wahrgenommen werden kann“, wie Stadtsprecher Thorsten Friedmann auf Anfrage von Frechenschau.de bestätigt – nicht ohne zu ergänzen: „Planerisch befinden sich weitere Maßnahmen in der Bearbeitung.“

Einbahnstraße Clarenbergweg: Reaktionen

Während die Stadtverwaltung zu den „mehrfachen Hinweisen aus der Bevölkerung“ keine näheren Angaben macht, stößt die neue Einbahnstraße zumindest auf Facebook am Tag ihrer Einrichtung auf wenig Gegenliebe. „Ich wohne dort auch. Für die Anwohner ist es echt schlecht“, kommentiert eine Facebook-Nutzerin, um weiter unten zu fragen: „Wurde irgendein Anwohner gefragt?“ „Nein“, bekommt sie zur Antwort und kommentiert weiter: „(…) das war ja eigentlich eine ‚Anliegerstraße‘, da hätten sowieso nur wir Anlieger fahren dürfen. Warum dann Einbahnstraße? Hätten mal auf Anlieger kontrollieren sollen! Dann wäre es weniger Verkehr gewesen“. Ein anderer Nutzer schimpft: „nix mehr mit mal schnell jemanden vom Bahnhof abholen.“

Für viele Mitarbeitende sei die neue Einbahnstraßenregelung umständlich, äußert sich Markus Besserer, Gesamtleiter im CJD NRW Süd/Rheinland, auf Anfrage von Frechenschau.de, vor allem für die Kollegen aus der Jugendhilfe, die nach dem Einkaufen bei Lidl einen Umweg nehmen und nicht mehr auf dem gleichen kürzeren Weg zurück ins Berufsbildungswerk fahren könnten. Er selber finde die einseitige Straßenführung aber besser, da er die Straße für Gegenverkehr eigentlich immer als zu eng und schmal empfunden habe.

Einbahnstraße Clarenbwergweg als VEP Projekt Einfahrt

Auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des CJD BBW Frechen betrifft die
neue Einbahnstraßenregelung.
Foto: Susanne Neumann

 

Nun ist die Bedeutung von „Planerisch in der Bearbeitung“ ein weites Feld. Seit Juli 2017 berichtet die Verwaltung auf Antrag der Koalitionsfraktionen CDU, FDP und Bündnis 90/Grüne in den Sitzungen des BVU regelmäßig über den Stand der Umsetzung jener acht Maßnahmen, die als „Dringende Maßnahmen“ im Maßnahmenkatalog des VEP Priorität 1 bekamen. Vier Projekte sollten in 2017 mindestens starten. Doch wie sich an den Sachstandsberichten ablesen lässt, die die Verwaltung seit Juli 2017 im BVU vorgelegt hat, hat sich bis heute nicht so viel bewegt.

VEP-Maßnahmen abgelehnt

Zwei Maßnahmen, für die schon im Haushalt 2017 50.000 Euro extra eingestellt worden waren, nämlich die Installation von Warnlampen am Kreisverkehr zwischen Lindenstraße und Dr. Tusch-Straße sowie am neuen Kreisverkehr Lindenstraße Ecke Krankenhausstraße wurden zwischenzeitlich abgesagt. Die zuständigen Straßenbaulastträger, nämlich in einem Fall der Rhein-Erft-Kreis, im anderen das Land NRW, lehnten die Signallichter ab. Sie seien nicht (mehr) notwendig. Die näheren Begründungen sind nachzulesen in einer Vorlage der Verwaltung zu einem Antrag der Grünen zur Sitzung des BVU am 5. Juli dieses Jahres.

Auch bei Maßnahme 3, die ebenfalls schon in 2017 in Angriff genommen werden sollte, muss erst noch der Rhein-Erft-Kreis ins Boot geholt werden: Auf der Hubert-Prott-Straße in Frechen-Bachem sollen auf beiden Seiten der Fahrbahn Angebotsspur für Fahrradfahrer eingerichtet werden. Die „Planungsabsicht“ sei mit dem Rhein-Erft-Kreis als Straßenbaulastträger abzustimmen, heißt es im aktuellen Sachstandsbericht vom 12. November, den die Verwaltung im BVU am 6. Dezember vorlegen wird.

Höchste Priorität: Busbahnhof wird umgestaltet

So wurde bislang nur mit den Planungen der ersten, in Tateinheit mit der zweiten Position auf der Prioritätenliste begonnen: An oberster Stelle steht die Umgestaltung des Zentralen Omnibusbahnhofs (ZOB), also der Haltestelle „Frechen Rathaus“ auf der Dr.-Tusch-Straße. Dort soll ein Tempo-20-Bereich eingerichtet werden, der von allen Verkehrsteilnehmern gleichberechtigt genutzt werden darf. Die Dr.-Tusch-Straße ist Teil des Hauptradwegenetzes in Frechen und soll vor diesem Hintergrund insbesondere für Radfahrer, aber auch für querende Fußgänger sicherer werden. Außerdem soll der ZOB barrierefrei und die Busspuren saniert werden.

Planerisch zusammengefasst wird diese Maßnahme 1 auf der Prioritätenliste mit der auf Position 2, nämlich der Neugestaltung des anschließenden Abschnitts auf der Dr. Tusch-Straße zwischen der Alte Straße und der Hauptstraße, bzw. der Straßenbahntrasse der Linie 7. Hier soll der Fahrradweg auf der Seite konsequent weitergeführt werden, auf der derzeit der Taxistand liegt. Die Taxis sollen auf die andere Straßenseite umziehen und Tempo 20 soll auch hier eingeführt werden. Maßnahme 2 ist als 2. Bauabschnitt nach der Realisierung von Maßnahme 1 als 1. Bauabschnitt geplant.

Die Umgestaltung der Dr.-Tusch-Straße hat im VEP höchste Priorität.

Gefährlich: Am Taxistand an der Dr. Tusch-Straße bricht der Radweg mittendrin ab.
Foto: Susanne Neumann

Im aktuellen Sachstandbericht vom 12. November kann immerhin die Vergabe eines Ingenieurvertrags und die Einreichung eines Förderantrags beim Nahverkehr Rheinland (NVR) vermeldet werden. Die Ausschreibung der Bauleistung steht aber immer noch aus. „Die langen Planungsphasen sind der besonderen örtlichen Situation – ZOB – und der großen Anzahl der Beteiligten geschuldet“, heißt es.

„Kaum qualifiziertes Personal zu bekommen“

Erklärtermaßen hat die Stadtverwaltung aber noch ein ganz anderes Problem, und das seit Jahren: zu wenig Personal. Schon beim Ratsbeschluss über die ersten VEP-Projekte im Dezember 2016 hatte die Stadtverwaltung festgestellt, dass alle Maßnahmen „nur bei einer vollständigen personellen Besetzung“ umgesetzt werden könnten – und unter der Voraussetzung, dass nichts Wichtigeres dazwischen komme. Auf Anfrage der Perspektive für Frechen teilte die Verwaltung am 12. September 2017 im HPFA mit: „Große Probleme bereitet der Stadt die Situation auf dem Arbeitsmarkt für Techniker und Ingenieure. So konnte beispielsweise im Bereich Tiefbau (relevante Fachabteilung für den Straßenbau, A.d.R.) eine vakante Stelle seit weit über einem Jahr nicht besetzt werden und zudem mit relativ geringer qualifizierter Resonanz. Auch für andere technische Bereiche (Planung, Hochbau usw.) ist kaum qualifiziertes Personal zu bekommen (…).“

Kein technischer Beigeordneter aber mehr Sachbearbeiter

Auf eklatanten Personalmangel ist man offensichtlich auch in einer Organisations- und Geschäftsprozessuntersuchung in den technischen Bereichen der Stadtverwaltung gekommen, die im Oktober unter Ausschluss der Öffentlichkeit Thema im Rat war. Zu den technischen Bereichen zählen u.a. die für den VEP zuständigen Fachbereiche, die teils der Bürgermeisterin Susanne Stupp und teils dem Kämmerer Patrick Lehmann unterstehen. Im Rahmen dieser Organisations- und Geschäftsprozessuntersuchung, mit der die Consultingfirma b.i.t consult beauftragt wurde, sollte geklärt werden, ob Frechen ein technischer Beigeordneter gut täte. Seit längerem setzen sich die Fraktionen von SPD und Perspektive für Frechen für die Einrichtung einer Stelle für einen technischen Beigeordneten ein, der die technischen Bereiche zusammenführen würde. Anders als in vielen anderen Kommunen ist in der Organisationsstruktur der Frechener Verwaltung kein technischer Beigeordneter vorgesehen.

Am vergangenen Dienstag entschied sich der Haupt-, Personal- und Finanzausschuss (HPFA) der Stadt erneut gegen einen technischen Beigeordneten, den die Perspektive und die SPD beantragt hatten. In geheimer Abstimmung (Antrag der SPD) votierten 10 Ausschussmitglieder dafür und 10 dagegen.

Den Stellenplan für 2019, in dem die Verwaltung mit der Bemerkung „Hinweise aus dem Untersuchungsergebnis der Firma b.i.t. consult“ eine ganze Reihe zusätzlicher Stellen für technische Sachbearbeiter vorgesehen hat, winkte der HPFA jedoch durch. Und stimmte auf Vorschlag aller Fraktionen obendrauf für die Einrichtung von insgesamt sieben zusätzlichen Stellen im Verkehrsmanagement, im Tief- und Hochbau und der Instandhaltung (Gebäudemanagement). Nun müssen diese Stellen nur noch besetzt werden …

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