Frechen, deine Künstler: Simon Seeberger ist Jazzpianist

13 Jahre lang hat der Jazzpianist Simon Seeberger die Musikschule der Stadt Frechen besucht. Heute gibt er dort selbst Klavierunterricht.
Foto: Susanne Neumann

„At last“ heißt ein Stück, das Simon Seeberger komponiert hat. Das war im Jahr 2011, als der junge Pianist sein Jazzklavier-Studium am Institut für Musik in Osnabrück begann. Und damit den entscheidenden Schritt wagte, Berufsmusiker zu werden. „Na, endlich“ übersetzt er den Titel selbst, als er vor ein paar Wochen mit seinem Bandprojekt „Tamoko“ ein Konzert im „Salon de Jazz“ in der Kölner Südstadt gibt und dem Publikum die kleine Geschichte zum Song erzählt.

Mit fünf Tönen zum Jazz

Der heute 26-Jährige Jazzmusiker lebt in Köln, stammt aber aus Frechen. 13 Jahre lang haben ihn seine Eltern, eine Yogalehrerin und gelernte Krankenschwester und ein Rechtsanwalt, zur städtischen Musikschule geschickt – seit er sechs Jahre alt war. Bei seinem Klavierlehrer Jürgen Buschka stieg er als Teenager von Klassik auf Jazz um. „Ich glaube, der Jazz hat mich gereizt, weil da improvisiert wird“, antwortet Simon Seeberger im Gespräch mit Frechenschau.de auf die Frage, wie er auf Jazz kam. „Mit 12 oder 11 hat mich mein Bruder, der auch ein bisschen Klavier spielt, mal ans Klavier gezogen und gesagt: ‚Komm, ich zeig dir mal was: Hier sind fünf Töne und ich begleite dich jetzt. Mit diesen fünf Tönen kannst du die ganze Zeit spielen, egal was, und es klingt immer gut.‘“ So kam er auf den Geschmack. „Ich fand das so cool“, erinnert er sich. „In der strengen Welt der Klassik wird alles genauso abgespielt, wie es gedruckt ist. Es gibt leichte Interpretationsfreiheiten, aber nicht viele. In der Improvisation ist man naturgemäß viel freier und hat viel mehr Ausdrucksmöglichkeiten.“

„Mucken“ werden gut bezahlt

Heute gibt Simon Seeberger selber Klavierunterricht an der Frechener Musikschule. Die Arbeit als Musikschuldozent und kleinere Nebenjobs – zum Beispiel begleitet er Proben des „Joy – Jungen Chors Frechen“ am Klavier – sichern ihm ein regelmäßiges Einkommen. Doch das ist nur eines von den drei Standbeinen seiner Selbstständigkeit als Berufsmusiker. Unregelmäßiger aber gut verdient er mit den Engagements, die in Musikerkreisen „Mucken“ genannt werden: „Das sind die handwerklichen Jobs auf Hochzeiten, runden Geburtstagen oder anderen Veranstaltungen, die man bedient.“

Der weise Panda beim JOE-Festival in Essen im Januar

Mit der Jazzband „Der weise Panda“ – hier im Januar 2017 beim JOE-Festival in Essen – ist Jazzpianist Simon Seeberger bereits auf Karrierekurs.
Foto: Andre Symann

Auf Erfolgskurs mit dem weisen Panda

Sein drittes Standbein sind die Gagen, die er als Künstler mit seinen Bands bei Konzerten verdient, allen voran mit „Der weise Panda“. Neben Simon Seeberger am Piano besteht die Jazzband aus Maika Küster (Gesang), Yannik Tiemann (Bass) und Jo Beyer (Schlagzeug). „Die Band zeichnet sich dadurch aus, dass es keinen wirklichen Bandleader gibt, sondern dass es ein Kollektiv ist“, beschreibt der Pianist das Projekt. „Jeder bringt eigene Stücke mit und alle sind gleichberechtigt, sowohl was das Musikalische als auch das Organisatorische angeht.“ Im Jahr 2015 gewannen die Newcomer den Sparda Jazz Award in Düsseldorf. Seitdem ist die Band auf Erfolgskurs: Über den Sparda Jazz Award kam der Kontakt zu Volker Dueck zustande, der in der Jury saß und der unter anderem das Label Double Moon Records managet. Unter diesem Label erscheint in der Reihe „Next Generation“ des Jazzmagazins „Jazzthing“ regelmäßig ein Debütalbum von Newcomern – das Debütalbum vom weisen Panda erschien im Frühjahr 2016 unter dem Titel „MAM“. Bei Konzerttouren verkaufe sich das Album sehr gut, berichtet Simon Seeberger. „Eigentlich kann man sagen, dass wir seit einem halben Jahr mit dem Panda merklich Geld verdienen.“

So steht er unter dem Strich finanziell bereits auf eigenen Beinen und kann von seiner Profession leben. Großen Reichtum erwartet der Berufsmusiker jedoch nicht. „Sicher ist man, glaube ich, nie, auch nicht, wenn man sich schon einen Namen gemacht hat“, bleibt er auf dem Teppich. „Man muss immer am Ball bleiben und darf nichts auf die leichte Schulter nehmen. Ich weiß auch, dass ich nie so ein rosiges finanzielles Leben haben werde. Das ist für mich aber auch nicht wichtig, solange ich das machen kann, worauf ich Lust habe.“

Zu Gast in Frechen

Lust auf Konzerte zum Beispiel: Ende Januar trat der weise Panda beim JOE-Festival in Essen auf. Ende März geht es zur Jazzwoche nach Burghausen „einem der wichtigsten deutschen Jazz-Festivals“ freut sich Simon Seeberger. Und Anfang Juni spielt die Jazzband beim Elbjazz-Festival in Hamburg. Last not least sind die Panda-Musiker am kommenden Samstag, den 11. März, in Seebergers Heimatstadt zu Gast, im Rahmen der „Kleinen Harlekinale“ im Haus am Bahndamm in Frechen.

„Was die Karriere betrifft, ist der weise Panda deutlich weiter als Tamoko“, vergleicht Simon Seeberger seine Bandprojekte, zu denen als drittes das „Christina Schamei Quintett“ zählt.

"Tamoko" von Simon Seeberger - Jazzband und Tatoo

Der Name der Band „Tamoko“ geht zurück auf die traditionelle Körperverzierung der Māori, dem indigenen Volk Neuseelands. Es bedeutet Identität. Während seines Zivildienstes in Neuseeland bekam Simon Seeberger sein ganz persönliches Tatoo.
Foto: Maik Reishaus

Tamoko jazzt kölsche Lieder

„Tamoko“ hat er selbst gegründet – für sein Examenskonzert im Frühjahr 2016, mit dem er sein Studium in Osnabrück mit Auszeichnung abgeschlossen hat. Das vierköpfige Jazzensemble aus Trompete (Robin Stüwe), Bass (Yannik Tiemann), Drums (Sebastian Schmidt) und Piano spielt eigene Kompositionen von Simon Seeberger wie „At last“ und kölsche Lieder, die er als Jazzstücke arrangiert hat. Auch Tamoko hat bereits ein Debütalbum herausgebracht: „Cologne Standards“.

Melodisch und gefühlvoll spielen die Tamoko-Musiker beim Konzert im „Salon de Jazz“ mit den Themen. Die bekannten Melodien der kölschen Evergreens wie „Heimweh nach Köln“ oder „En unserem Veedel“ sind dabei deutlich herauszuhören. „Man hat ein Thema, also die Melodie mit Begleitung, dann wird über dieses Thema improvisiert“, erklärt Simon Seeberger das zugrundeliegende Konzept in groben Zügen. „Dann kommt nochmal das Thema.“ Wie die Melodien funktionieren, hat der Bandleader festgelegt. Und seine Arrangements bestimmen genau, wann, wer improvisiert oder ein Solo spielt. Dennoch seien die Soli jedes Mal anders. Improvisation vergleicht der Jazzmusiker mit freiem Sprechen: „Bestimmte Phrasen und Sätze tauchen immer wieder auf. Und das ist bei der Improvisation nichts anderes“, erklärt er. „Im Jazz-Studium lernt man bestimmte Techniken oder Phrasen und versucht die dann im Ernstfall miteinander zu kombinieren. Es entsteht aber trotzdem etwas eigenes, weil ich selber bestimme, wie ich da durchkomme.“

„Cologne Standards“

Die Idee, kölsche Lieder in Jazz zu verwandeln, kam Simon Seeberger in den USA, wo er zwei Auslandsemester am renommierten Berklee College of Music in Boston studierte. Dass die amerikanischen Musiker den Jazz im Blut haben, sei kein Klischee sondern Realität. Weil sie mit den Stücken, die in Jazz-Zirkeln „Standards“ genannt werden, aufgewachsen seien. „‘My Favorite Things‘, ‚My Funny Valentine‘, das hören die schon als Kind und kennen die Stücke in und auswendig. Und wir (Musiker, A.d.R.) hier in Europa lernen die Stücke erst an der Musikhochschule kennen und versuchen sie mühselig auswendig zu lernen.“ So kam der Jazzklavier-Student darauf sich mit den Stücken zu beschäftigen, mit denen er selbst aufwuchs – und die bis heute auch bei Familienfeierlichkeiten gemeinsam gesungen werden, wie er erzählt: mit Kölschen Liedern. „Ich dachte, ich nehme die, die mir so nah am Herzen liegen, und packe meine musikalische Note drauf.“ Simon Seeberger verjazzt also, was ihm im Blut liegt? „So könnte man sagen“, lacht er.

Energie, die aus dem Körper muss

Als Musikschullehrer hält er seine Schüler an, beim Klavierspielen ruhig zu sitzen und die Haltung zu wahren. Doch beim Tamoko-Konzert im Salon de Jazz ist sein eigener Oberkörper viel in Bewegung. „Ja, das stimmt“, schmunzelt Simon Seeberger und sinniert über eine Erklärung: „Dadurch, dass man Musik in dem Moment kreiert – auch, wenn das jetzt esoterisch klingt – müssen die Energien aus dem Körper auch raus. Da kann keiner still sitzen. Man kann sich auch selbst überraschen: Vielleicht macht man einen Fehler mit einem falschen Ton und das klingt super! Und man nutzt das für eine Improvisation, die man vorher noch nie hatte. Das sind alles Reize, die raus müssen.“

Oft schließt er in solchen Momenten am Klavier die Augen. Er sei dann bewusst bei sich, erklärt Simon Seeberger diesen Zustand. „Auf einer zweiten Ebene gibt aber immer dieses unterbewusste Gehör für die anderen. Weil es immer sein kann, dass die anderen mir etwas anbieten, einen bestimmten Groove oder eine Improvisation, die ich dann übernehmen kann. Das zeichnet das Zusammenspielen aus, dass man aufeinander eingehen kann.“

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