Ehrengabe der Stadt Frechen für ‚Henry‘ Schumacher und seinen Einsatz für die Menschenwürde

Heinrich Schumacher im Büro vom Evangelischen Sozialdienst in Frechen

Mails schreiben, telefonieren, Unterlagen checken, Regelsätze nachrechnen: Beim Evangelischen Sozialdienst in Frechen berät Heinrich „Henry“ Schumacher Hartz-IV-Empfänger und setzt sich für sie ein. Bild: S. Neumann

Seit drei Monaten bekommt ein junger Syrer kein Geld zum Leben. Bei der Arbeitsagentur, die für seine Versorgung als anerkannter Flüchtling zuständig ist, hat er alle erforderlichen Nachweise und Unterlagen eingereicht. Doch die Zahlung der Unterhaltskosten bleibt aus, irgendwo hakt’s. Ein Fall für Heinrich Schumacher – in Frechen besser bekannt als „Henry“ Schumacher. Der 63-Jährige berät im Arbeitslosenzentrum des Evangelischen Sozialdienstes in Frechen Menschen ohne Arbeit, die um Hilfe bitten. Nicht nur, wenn ihr Fall sich in langen Behördengängen verirrt hat, sondern auch beim Zusammentragen von Unterlagen, Ausfüllen von Formularen oder bei einer Bewerbung. Heinrich Schumacher kennt die Leute im Jobcenter, mailt, telefoniert nach, sieht Unterlagen durch, rechnet Regelsätze nach. Zu den Menschen, die zu ihm kommen oder geschickt werden, zählen Langzeitarbeitslose ebenso wie Flüchtlinge. „Ich frage mich, was diese Leute machen würden, wenn ihnen keiner hilft. Die wären verloren.“, stellt Heinrich Schumacher nüchtern fest. Sein soziales Engagement ist bekannt in Frechen. Schon sein ganzes Leben tritt er für Menschen ein, die alleine verloren wären. Die Stadt würdigt seinen Einsatz für andere jetzt mit der Verleihung der Ehrengabe.

Aktiv in der Kirche

Seine langjährige Arbeit als Arbeitslosengeld II- und Bewerbungsberater beim Evangelischen Sozialdienst ist nur ein Kapitel seines sozialen Engagements. Ein weiteres ist seine ehrenamtliche Arbeit in der Kirche. Der Katholik ist schon sein ganzes Leben in der Katholischen Kirche in Frechen aktiv, unter anderem als Katechet. Gerade ist er von einer dreitägigen Pilgerwanderung von Daun nach Trier zurückgekommen, auf der er Firmlinge aus Frechen-Grefrath begleitet hat. In den 90er Jahren war er Mitglied im Diözesanrat, dem höchsten Laiengremium der Katholischen Kirche im Erzbistum. Und wenn er mal Zeit hat, teilt er sogar den Einblick mit aus, das Magazin des katholischen Kirchengemeindeverbands Frechen. Er hilft im Betreuungsverein der (evangelischen) „Diakonie Köln und Region“ als ehrenamtlicher Ersatzbetreuer aus. Er ist aktives Vorstandsmitglied der Kolpingfamilie Frechen. Und er engagiert sich in der Flüchtlingshilfe. Für alle Kapitel seines sozialen Engagements hat er eine gemeinsame Überschrift gefunden: „Menschenwürde“. Diese Überschrift hat er selbst gewählt. Sie ist sein wichtigstes Anliegen bei allem, was er für andere tut, ob es der Flüchtling ist oder der Langzeitarbeitslose. Oder ein sterbender Mensch.

Heinrich Schumacher im Garten vom Ev. Sozialdienst

„Häng en dr Täsch“ sei seine typische Arbeitshaltung, schmunzelt Heinrich Schumacher. Dabei ist er eher der anpackende Typ. Bild: S. Neumann

Hospiz: Menschenwürde auch über den Tod hinaus

„Die Würde des Menschen ist unantastbar“, zitiert Heinrich Schumacher Artikel 1 des deutschen Grundgesetzes und ergänzt, „auch über den Tod hinaus“. Seit 2007 setzt er sich als Vorsitzender des ambulanten Hospizvereins „Hospiz in Frechen“ dafür ein, dass Menschen ihren letzten Lebensabschnitt in Würde verbringen können. Unter seiner Leitung setzte der Hospizverein die Begleitung von Demenzkranken neben der Sterbe- und Trauerbegleitung mit auf die Agenda. Er initiierte das „Café Zeit“ für Menschen, die an Demenz erkrankt sind, und ihre Angehörigen: Für jeden Demenzpatienten, der dienstags in das Café kommt oder vom extra eingerichteten Fahrdienst gebracht wird, nimmt sich ein Ehrenamtlicher Zeit, während betreuende Angehörige Zeit für Besorgungen oder einfach mal für sich selbst haben. Heinrich Schumacher initiierte auch das „Palliativmedizin integrierende Netz Rhein-Erft-Kreis Nord ‚NoPaiN‘. Das Netzwerk vereint Kooperationspartner wie Ärzte, ambulante Pflegedienste und Hospizdienste, die dafür sorgen, dass schwerstkranke Menschen bis zu ihrem Lebensende in ihrer vertrauten häuslichen Umgebung palliativ betreut werden können.

Einsatz für den Erhalt von Arbeitsplätzen

Seit 2004 ist der Vater von zwei erwachsenen Töchtern und Opa von drei Enkelkindern – das Vierte ist gerade unterwegs – im Vorruhestand. Bis dahin war er Betriebsratsvorsitzender der RWE Power Zentrale in Köln und Mitglied des Gesamtbetriebsrats. „Ich hab mit dafür gesorgt, dass die Hauptverwaltung von Rheinbraun in Köln bestehen geblieben ist“, erzählt er von seinem wohl größten Erfolg als Betriebsrat. Im Jahr 2001 sollte die komplette Hauptverwaltung von Rheinbraun (heute RWE Power) vom Stüttgenweg in Köln nach Essen ziehen. Damit hätten auch über 500 Mitarbeiter, darunter viele aus Frechen, ihren Arbeitsplatz nach Essen verlegen müssen. „Dagegen hab ich Druck gemacht“, erinnert sich Heinrich Schumacher, und für einen Schulterschluss aller Kraftwerksbetriebe gesorgt. „Die Zentrale gehört ins Revier“, konnte er die richtigen Leute überzeugen: 2002 beschloss die Konzernführung, die Hauptverwaltung auf Köln und Essen zu verteilen: der Bergbaudirektor und der Arbeitsdirektor blieben in Köln, die Mitarbeiter auch. Vorstand und kaufmännischer Direktor zogen nach Essen. Heute ist die Hauptverwaltung von RWE Power übrigens wieder komplett in Köln!

Gewerkschafter im Revier

Schon 1977 trat Heinrich Schumacher in die Gewerkschaft ein. Damals war er bei Rheinbraun in der Abteilung Bohr- und Wasserwirtschaft (BOWA), heute Wasserwirtschaft, beschäftigt. Von Oktober 1998 bis zum Sommer dieses Jahres trat er als Ortsgruppenvorsitzender der IG BCE-Ortsgruppe RWE Power Zentrale Köln ehrenamtlich für die Arbeiter und Arbeitnehmer von RWE Power ein. Außerdem ist er bis heute Bezirksvorstandsmitglied des IG BCE Bezirks Alsdorf. „Ich bin ganz gut im Umgang mit Menschen“, antwortet er auf die Frage nach seinen Stärken. Und: „Ich bin authentisch.“

Die „Interessen der Braunkohle“, wie er das nennt, vertrat er auch schon mal bei Diskussionen im Klimacamp der Braunkohlegegner am Tagebau Hambach. Wie so viele seiner Aktivitäten erwähnt er das nur nebenbei. „Ich kann mit denen gut reden, weil ich so aussehe wie sie“, merkt er noch an und grinst.

Nie in einer Partei

Nun also die Ehrengabe der Stadt Frechen. Der Vorschlag, Heinrich Schumachers Engagement auf diese Weise zu würdigen, kam aus den Reihen der Frechener SPD. Dabei hatte der Mann nie ein Parteibuch. Als er damals Betriebsrat wurde, habe man ihm den Eintritt in die SPD nahegelegt, erzählt er. Doch Heinrich Schumacher lehnte ab. „Damit ich wegen Fraktionszwang die Klappe halten muss? Nö!“ Ein klares Statement, das genau zu ihm passt. So isser.

Nachtrag vom 8. November 2016:

Die Verleihung der Eherngabe an Heinrich Schumacher findet am Montag, den 14. November 2016, um 15 Uhr im Sitzungssaal des Alten Frechener Rathauses statt und wird von Bürgermeisterin Susanne Stupp vorgenommen.

1 Kommentar

  • Henry Schumacher

    Im Ehrenamt war und bin ich, Gott sei Dank, selten allein unterwegs.
    Ich möchte allen danken, die mich in meinem Engagement unterstützt haben und die ich unterstützen durfte!

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