Meere von Plastik

Anne Bölling-Ahrens (li.) und Mechthild Hartmann-Schäfers in einem Ausstellungsraum

Anne Bölling-Ahrens (li.) und Mechthild Hartmann-Schäfers haben ihre Ausstellung „Wasser ist Leben“ im Inklusiven Begegnungszentrum Alt St. Ulrich gemeinsam konzipiert.
Foto: Susanne Neumann

Was „Bitte keine Plastiktüte!“ auf Thailändisch heißt, hat sich Anne Bölling-Ahrens gemerkt. Die Künstlerin aus Frechen-Königsdorf verbringt jeden Winter in Thailand. Wenn sie dort auf dem Markt einkaufe, steckten die Verkäufer auch immer alles direkt in eine Plastiktüte, erzählt sie. Aber das möchte sie nicht. Denn sie weiß und erlebt, dass Plastik als Müll zu einem globalen Problem geworden ist.

Einen ganzen Eimer voller Plastikflaschenverschlüsse hat sie zusammen mit ihrem Mann auf nur 100 Metern Strand in Thailand aufgesammelt. In der Ausstellung „Wasser ist Leben“, die am Sonntag im Inklusiven Begegnungszentrum Alt St. Ulrich in Buschbell eröffnet wird, tauchen die bunten Deckelchen wieder auf: Anne Bölling-Ahrens hat mit ihnen Bilder gestaltet, die die Vergiftung der Meere mit Plastik thematisieren. In ihrer Assemblage „Große Plastikwelle“ zum Beispiel, eine Interpretation des Holzdrucks „Die große Welle von Kanagawa“ aus dem 19. Jahrhundert von dem japanischen Künstlers Hokusai, scheint ein gezeichneter skelettierter Fisch eine große Welle aus bunten Plastikflaschenverschlüssen zu stützen.

Anne Bölling-Ahrens mit "Große Plastikwelle"

Ihre „Große Plastikwelle“ hat Anne Bölling-Ahrens mit den Verschlüssen von Plastikflaschen gestaltet, die sie am Strand von Thailand aufgesammelt hat.
Foto: Susanne Neumann

Plastikerguss ins Meer

Hokusais Welle ist auch die Vorlage für ein Bild von Mechthild Hartmann-Schäfers. Die Künstlerin lebt ebenfalls in Frechen und hat die Ausstellung „Wasser ist Leben“ zusammen mit ihrer Freundin Anne Bölling-Ahrens konzipiert. In ihrer Assemblage „Die große Plastikwelle“ ergießt sich ein Schwall aus Plastikverpackungen wie Tube, Plastikflasche und Joghurtbecher aus einem Wasserhahn ins Meer, aus dem sich die große Welle auftürmt.

Mit den insgesamt 90 Exponaten ihrer Ausstellung illustrieren die beiden Künstlerinnen auch das Projekt „Wasser ist Leben“ der Stiftung Zukunft der Arbeit und der sozialen Sicherung (ZASS) der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB). Das Projekt soll einen bewussteren und verantwortungsvollen Umgang mit Wasser anregen. „Wir finden, dass Kunst für solche Themen sensibilisieren kann, ohne das mit erhobenem Zeigefinger zu tun“, erklärt Mechthild Hartmann-Schäfers die politische Dimension ihrer Arbeit.

Mechthild Hartmann-Schäfers bei ihrem Werk "Gewinnmaximierung"

Für ihr Werk „Gewinnmaximierung“ hat Mechthild Hartmann-Schäfers mehr als 100 Plastiktüten zerrissen und aus den Fetzen die Form einer riesigen Plastikflasche in Taft eingenäht.
Foto: Susanne Neumann

Schaumkronen aus Styropor

So stehen die farbenfrohen, oft heiter wirkenden Bilder der beiden Künstlerinnen im Kontrast zu den Problemen, die sie thematisieren. Nur, wer genau hinschaut, entdeckt, dass die Schönheit und Reinheit der Meere und des Wassers als Ursprung des Lebens in den Bildern aus dem entstanden ist, was sie auch gefährdet und vernichtet: Kunststoffe. Da lässt Alufolie Wellen glitzern, Styropor wird zu Schaumkronen im aufgewühlten Meer.

Plastik in den Weltmeeren, Trinkwasserverschwendung und -knappheit, Dürren und auch Boatpeople sind die Themen der beiden Ausstellerinnen. Sie zeigen ihre Collagen und Assemblagen aus unterschiedlichsten Materialien und Objekten, ihre Holzdrucke, Stoffarbeiten, Skulpturen, Fotografien und Installationen in sämtlichen Ausstellungsräumen und -fluren des Begegnungszentrums der Gold Krämer Stiftung.

Anne Bölling-Ahrens mit zwei Collagen vom Meer

Mit Alufolie lässt Anne Bölling-Ahrens in der Collage „La mer a des reflets d’argent“ das aufgewühlte Meer glitzern.
Foto: Susanne Neumann

164 Milliarden Liter Trinkwasser in Plastikflaschen

Im Sinne des Projekts „Wasser ist Leben“, das auch mit Fakten sensibilisieren und aufklären will, arbeiten die beiden Künstlerinnen ebenso mit Zahlen. Mit der Zahl 207 zum Beispiel. So viele Einweg-Plastikflaschen verbrauche der Deutsche durchschnittlich im Jahr, hat Mechthild Hartmann-Schäfers recherchiert. Für ihre Installation „Großen Durst“ hat sie 207 Einwegflaschen skizziert, ausgeschnitten, laminiert und an der Orgelempore in der alten Kirche aufgehängt. Und mit der Installation „Abgefüllt“ im Untergeschoss des Begegnungszentrums widmen sich die beiden Künstlerinnen der Zahl 164.000.000.000 – so viel Trinkwasser wurden im Jahr 2014 weltweit in Plastikflaschen verfüllt – überwiegend vom Nestlé-Konzern. Wie die ausliegende Broschüre „Wasser ist Leben“ informiert, werden vier Liter Wasser ungefähr benötigt, um eine Literflasche aus Plastik herzustellen.

Mechthild Hartmann-Schäfers (li.) und Anne Bölling-Ahrens bei der Installation im Untergeschoss des Begegnungszentrums

164.000.000.000 Liter – soviel Wasser wurde im Jahr 2014 in Plastikflaschen verfülllt, insbesondere vom Nestlé-Konzern. Die beiden Künstlerinnen thematisieren diese Zahl mit einer Installation im Untergeschoss des Begegnungszentrums.
Foto: Susanne Neumann

 

Die Ausstellung wurde verlängert bis zum 3. September und ist motags bis samstags von  11 bis 17 Uhr geöffnet. (Nachtrag vom 14.7.)

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