Neues Trinkwasser für Frechen – besser aber teurer

Seit Jahresbeginn bekommen viele Haushalte in Frechen neu abgemischtes Trinkwasser. In Teilen der Kernstadt und Teilen von Bachem (nördlich der Hubert-Prott-Straße) sowie in den Ortsteilen Buschbell, Hücheln, Königsdorf, Neubuschbell und Neufreimersdorf besteht es jetzt zu 60 Prozent aus Wasser, das in einem Wasserwerk in Kerpen-Türnich gefördert wird, und nur noch zu 40 Prozent aus Mischwasser von Wasserwerken der RheinEnergie AG in Köln. Bis Jahresende stammte das Trinkwasser in den genannten Ortsteilen ausschließlich aus den Kölner Wasserwerken der RheinEnergie. Das Unternehmen, das die ganze Stadt mit Wasser versorgt, hat jetzt die aktuellen Trinkwasseranalysen für Frechen veröffentlicht. Sie sind als pdf-Dateien auf den Internetseiten des Unternehmens abrufbar.

Links zu Trinkwasseranalysen

Per Klick auf „Wasseranalyse Frechen (Wasserwerke Türnich und RheinEnergie)“ oder „Wasseranalyse Frechen (Wasserwerk Türnich)“ sind pdf-Datein herunterzuladen, die die jeweiligen Wasseranalysen enthalten, und darüber hinaus Karten, die die Aufteilung des Stadtgebiets in zwei Versorgungsbereiche zeigen (s.u.).
Quelle: https://www.rheinenergie.com/de/privatkunden/ratgeber/trinkwasser_nutzen/trinkwasser_nutzen.html
Screenshot: S. Neumann

Für Säuglingsnahrung geeignet

Demnach enthält das abgemischte Trinkwasser aus dem Wasserwerk Türnich und den Kölner Wasserwerken Hochkirchen und Weiler nur noch 8 Milligramm Nitrat pro Liter (mg/l) – zuvor bekamen die Haushalte aus Köln Wasser mit 21 mg/l Nitrat – wobei schon dieser Wert deutlich unter dem Grenzwert von 50 mg/l lag, den die Trinkwasserverordnung vorschreibt. Der aktuelle Nitratgehalt in den genannten Ortsteilen liegt nun sogar noch unter dem für die Zubereitung von Säuglingsnahrung empfohlenen Grenzwert von 10 mg/l. Die Senkung wurde möglich, weil Wasser, das in Türnich gefördert wird, so gut wie gar kein Nitrat enthält und folglich den Nitratgehalt des Wassers aus Köln verdünnt.

Weniger Verkalkungsneigung

Auch der Härtegrad des neuen Mischwassers ist gesunken. Zwar gilt es mit 14,9 °dH Gesamthärte noch immer knapp als „hart“, im Vergleich zu 18,3 °dH, die es vorher hatte, ist es jedoch deutlich weicher. „Kein Kalkfilm mehr auf dem Tee, der Wasserkocher verlangt nicht mehr alle drei Tage eine Entkalkung, die Duschabtrennung nicht jeden dritten Tag den Essigreiniger und auch Warmwassergeräte und -leitungen werden entlastet“, zeigt sich der Partei- und Fraktionsvorsitzende der FDP in Frechen, Bernhard von Rothkirch, in einer Pressemitteilung zufrieden.

Seine Fraktion hatte sich besonders für besseres Trinkwasser für Frechen eingesetzt, als es darum ging, die Wasserversorgung mit Ablauf des letzten Jahres vertraglich neu zu regeln (Frechenschau.de berichtete ausführlich). An den zukünftigen Wasserversorger hatte der Rat der Stadt Frechen schon im Oktober 2016 und auf Antrag der FDP einstimmig die Forderung formuliert, Trinkwasser mit „minimalem Nitratgehalt“ und möglichst geringer Wasserhärte zu liefern. „Geht, wird aber teuer“, hatte die RheinEnergie seinerzeit als Versorgerin sowie Bewerberin um die zukünftige Wasserversorgung angekündigt und in Bürgerversammlungen und Ausschüssen erläutert – und Anfang des Jahres 2020 dennoch vom Rat einstimmig den Zuschlag erhalten.

„Im Vergleich stellen die neuen Analysenwerte zweifellos Verbesserungen im Sinne der Gesundheit und der technischen Nutzung des Wassers dar.

(Prof. Dr. Horst Bannwarth)

„Dass wir deutlich besseres Wasser für Frechen bekommen, ist in der Tat sehr erfreulich“, kommentiert Professor Dr. Horst Bannwarth die aktuellen Trinkwasseranalysen. Der sachkundige Bürger im Ausschuss für Verkehr, Umwelt und Klima (VU, bis November 2020 „Ausschuss für Bauen, Verkehr und Umwelt“, BVU) hatte sich ebenfalls für möglichst Nitrat-armes Trinkwasser eingesetzt. Nitrat sei ein Stoff, der potentiell schädlich sei. Die offizielle Unbedenklichkeitsgrenze von 50 mg/l Trinkwasser halte er für wissenschaftlich angreifbar. Dass die Forschung bislang keine gesundheitsschädlichen Auswirkungen bei einem Nitratgehalt von unter 50 Milligramm pro Liter feststellen konnte, heiße nicht, dass es keine gebe. Das zu beweisen sei wissenschaftlich sehr schwierig.

„Für Nitrat gilt: Je weniger davon im Trinkwasser nachgewiesen werden kann, desto besser und gesunder ist das Wasser“, kommentiert Prof. Horst Bannwarth nun auf Anfrage von Frechenschau.de. „Für das Calcium gilt: Je mehr davon im Wasser vorhanden ist, desto größer ist die Wasserhärte. Eine erhöhte Wasserhärte ist zwar für die Gesundheit kein Nachteil, im Gegenteil, sie bereitet aber bei der Nutzung des Trinkwassers Probleme, da Geräte schneller verkalken. Im Vergleich stellen die neuen Analysenwerte zweifellos Verbesserungen im Sinne der Gesundheit und der technischen Nutzung des Wassers dar.“

25 Prozent teurer

Die neue Mischung muss Frechen aber auch bezahlen. „Die Umstellung führt zu einem höheren Wasserpreis, der bei einem Musterhaushalt im Einfamilienhaus mit einem Jahresverbrauch von 150 Kubikmetern Trinkwasser Mehrkosten von rund 7,20 Euro pro Monat (brutto) nach sich zieht“, informierte die RheinEnergie kurz vor Weihnachten. Das deckt sich in etwa mit der Rechnung, die die Autorin dieses Beitrags für ihre eigene Wasserkostenabrechnung aufgemacht hat. Als Kundin der RheinEnergie ergibt sich für sie eine Preiserhöhung um ziemlich genau 25 Prozent (siehe Kasten).

Die neuen Tarife fürs Wasser sind auf der Homepage der Rheinenergie als pdf-Dateien veröffentlicht.

„Das kommt ungefähr hin“, nimmt RheinEnergie-Sprecher Christoph Preuß zu der errechneten Preissteigerung Stellung und betont: „Wir hatten dem Rat der Stadt seinerzeit zwei Lösungen angeboten, der Rat hat sich einstimmig für die teurere entschieden, im Wissen darum, dass dies zu Mehrkosten von bis zu 33 Prozent führen könne. Es gab eine Option, die zu weitaus geringeren Mehrkosten von knapp fünf Prozent geführt hätte (somit zur Preisparität mit Köln); dem Rat der Stadt waren aber die von ihm aufgestellten Kriterien für die Wasserversorgung hinsichtlich Nitrat und Wasserhärte wichtiger.“

Beispielrechnung der Autorin

Seit dem 1. Januar 2021 beläuft sich der jährliche Grundpreis auf 229,12 Euro brutto (inklusive 7 Prozent Umsatzsteuer) für das private Einfamilienhaus als eine Wohneinheit, dazu kommen 2,21 Euro für den Kubikmeter Wasser. Bis Jahresende wurden für den Grundpreis 187 Euro und für den Kubikmeter Wasser 95 Cent berechnet (alles Bruttopreise). Bei einem Wasserverbrauch von 133 Kubikmeter im Jahr (was in ihrem Fall einem mittleren Durchschnittverbrauch entspricht) kostet die Autorin das Trinkwasser in 2021 390,05 Euro brutto, im vergangenen Jahr waren es 313,35 Euro brutto (die zwischenzeitiche Senkung der Umsatzsteuer auf 5 Prozent wegen Corona wurde bei dieser Berechnung nicht berücksichtigt, vgl. Bild unten.) Das entspräche in 2021 dann 6,39 Euro im Monat mehr.
Über die Tarifgestaltung der RheinEnergie Grundpreis und VerbrauchsKosten – berichtete Frechenschau.de Ende 2017. 

Dass der Trinkwasserbezug aus Türnich für die RheinEnergie mit Mehrkosten verbunden sei, hatte die RheinEnergie bereits in ihrer Pressemitteilung vom Dezember 2020 mitgeteilt, die auch auf den Internetseiten der Stadt Frechen veröffentlicht wurde. Ursächlich für diese Mehrkosten seien der Wechsel der Bezugsquelle für das Trinkwasser auf einen Drittanbieter, die Kosten für die technische Umstellung auf eine andere Wasserquelle und von der Stadt ebenfalls geforderte höhere, jährliche Investitionsaufwendungen bei der Netzerneuerung. Das Wasserwerk in Türnich wird nicht von der RheinEnergie betrieben sondern von einem Tochterunternehmen von RWE Power. Das Trinkwasser aus Türnich einzukaufen sei für die RheinEnergie deutlich teurer, als es selbst zu produzieren, erklärt sie. Es müsse aus einer größeren Tiefe gefördert werden und bedürfe einer weitergehenden Aufbereitung. „Diese Mehrkosten wurden auf alle Frechener Verbraucher umgelegt. Sie waren dem Rat der Stadt Frechen vor der Beschlussfassung mitgeteilt worden und waren auch ein Kriterium im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens.“

Abschlagszahlungen auf Basis der alten Preise

Abrechnung und Abschlag für Trinkwasser

Jährliche Wasserabrechnung der RheinEnergie vom September 2020: Die Abschlagszahlungen der Kundin für 2021 wurden aufgrund der alten Preise kalkuliert.
Foto: Susanne Neumann

Da die neuen Preise nicht bei den Abschlagszahlungen für 2021 berücksichtigt wurden, die auf Basis der Jahresabrechnung in 2020 kalkuliert wurden, müssen Frechener Kundinnen und Kunden nun mit einer kräftigen Nachzahlungen rechnen, wenn sie ihre Abschlagszahlungen nicht noch anpassen.

„Jede Kundin und jeder Kunde habe die Möglichkeit, die Abschläge auch unterjährig anzupassen.“ (Christoph Preuß, Unternehmenssprecher RheinEnergie)

„Zum Zeitpunkt der Rechnungslegung für den Großteil der Frechener Bevölkerung im August/September/Oktober standen die finalen Preise und der Umfang der entstehenden Mehrkosten noch nicht fest“, so Unternehmenssprecher Christoph Preuß, „deswegen war eine Abschlagsanpassung nicht möglich. Diese hätte womöglich übers Ziel hinausgeschossen, und dann hätte es großen Ärger und den Vorwurf gegeben, wir wollten uns Geld einstecken.“ Jede Kundin und jeder Kunde habe aber die Möglichkeit, die Abschläge auch unterjährig anzupassen. Über einen Online-Self-Service sei das am schnellsten und einfachsten zu erledigen.

Verschiedene Quellen für Frechen

Die Preiserhöhung gilt für ganz Frechen als einheitliches Tarifgebiet. Die Haushalte in Habbelrath, Grefrath und einem Teil von Bachem bekommen jedoch das gleiche Wasser wie vor der Umstellung der Wasserversorgung in den anderen Stadtgebieten, nämlich zu 100 Prozent aus dem Wasserwerk in Türnich. Seit Anfang Januar werden außerdem die Stadtteile Benzelrath, Grube Carl und ein Teil von Frechen Stadt ausschließlich vom Wasserwerk Türnich beliefert.

Wasserversorgung in Frechen

Die Aufteilung des Stadtgebiets von Frechen in die Versorgungbereiche ist den pdf-Dateien mit den Waseranalysen unter https://www.rheinenergie.com/de/privatkunden/ratgeber/trinkwasser_nutzen/trinkwasser_nutzen.html jeweils beigefügt.
Karte/Quelle: RheinEnergie AG, Screenshot (mit freunlicher Genehmigung): S. Neumann

Unterschiedliches Wasser – ein Preis

„Warum müssen Bürger*innen aus Habbelrath, Grefrath und Teilen von Bachem, die keine bessere Wasserqualität als bisher erhalten, nunmehr einen höheren Preis zahlen?“, fragte die Wählergemeinschaft Perspektive für Frechen zur letzten Sitzung des Stadtrats am 9. Februar an. Weil die Stadt das so gekauft habe, antwortete die Verwaltung sinngemäß. „Die Preisgestaltung entspricht dem im Rahmen des Vergabeverfahrens durch das WVU (Wasserversorgungsunternehmen, A.d.Red) abgegebene(n) Angebot (…) (und) war Inhalt der Angebotsbewertung.“ Weiter heißt es in der Beratungsvorlage zur Ratsitzung: „Auch vor der Umstellung gab es in Frechen ein einheitliches Tarifgebiet, d.h., Haushalte, welche bisher Wasser aus den Kölner Wasserwerken bezogen haben, wurden preislich nicht bessergestellt als diejenigen Haushalte, welche Wasser aus dem Wasserwerk Türnich bezogen haben.“

Tatsächlich bekommen die Haushalte, die allein vom Wasserwerk in Türnich versorgt wurden und werden zumindest im Hinblick auf die formulierten Qualitätskriterien „minimaler Nitratgehalt“ und „geringe Wasserhärte“ sogar noch besseres Wasser als die übrigen Frechener Stadtgebiete. Laut aktueller Wasseranalyse liegt der Nitratgehalt von Wasser aus Türnich nämlich bei unter 5 mg/l und die Gesamthärte liegt bei 13,2 plus/minus 1,5°dH, was noch dem mittleren Härtebereich entspricht.

2 Kommentare

  • Charles M. Burns

    @ Carsten Kurz: Sie arbeiten wohl bei der Pressestelle der Rheinenergie? Besser kann man 25% Preisaufschlag nicht verkaufen.

  • Carsten Kurz

    Nicht vergessen – zum Trinkwasserverbrauch kommen zwingend immer die sich daraus ergebenden Abwassergebühren. Auch wenn das zunächst zwei paar Schuhe sind – 25% Aufpreis beim reinen Trinkwasserverbrauch relativieren sich über das Gesamtpaket Frischwasser+Abwassergebühr deutlich. Vor allem, wenn man bedenkt, dass stark kalkhaltiges Wasser immer auch einen Mehrverbrauch durch verkalkende Armaturen, tröpfelnde Wasserhähne und vor sich hin simmernde Toilettenspülungen, höheren Energieverbrauch in Wasserkochern und Durchlauferhitzern, Wartungskosten, etc. verursacht. Und der damit einhergehende Mehrverbrauch an Trinkwasser schlägt sich wiederum mit einem Mehrfachen bei den Abwassergebühren nieder. Gut möglich also, dass ein deutlich weniger kalkhaltiges Wasser letztlich doch nicht teurer kommt.

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